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Greencard ja - Job nein

24. Februar 2003

Indischer Informatiker mit Greencard in Deutschland – diese Kombination scheint das genaue Gegenteil von "arbeitslos“ zu verheißen. Es kann allerdings auch ganz anders kommen.

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IT-Spezialisten zukünftig weniger gefragt?Bild: AP

Deutschlands Ruf nach IT-Spezialisten sind im letzten Jahr viele Fachkräfte gefolgt. Sie verließen ihre Heimat, um dort auszuhelfen, wo informationstechnisch Not am Mann war. Doch jetzt dürften die Ersten den Schritt nach Deutschland bereuen. Denn: bereits mehrere Inhaber einer Greencard haben sich arbeitslos gemeldet. Eigentlich ist das verwunderlich, denn der Bedarf an heiß umworbenen IT-Kräften soll eigentlich noch nicht gedeckt sein.

Nach Auskunft der Arbeitsämter lassen sich wegen der andauernden Nachfrage die arbeitslosen Greencard-Inhaber problemlos und in nur wenigen Tagen an neue Firmen vermitteln. Der indische Informatiker hat nämlich neben seiner Qualität einen weiteren entscheidenden Vorteil zu bieten: seine Mobilität. "Wenn jemand aus Indien kommt, ist ihm egal, ob er in Düsseldorf oder in Stuttgart arbeitet", betont Behördensprecher Werner Marquis.

Bedarf regional sehr unterschiedlich

Seit Beginn der Greencard-Aktion am 1. August 2000 war der Bedarf je nach Region höchst unterschiedlich gewesen. Spitzenreiter bei den zugeteilten Arbeitserlaubnissen an Menschen aus Nicht-EU-Ländern waren vor gut einem Jahr Bayern mit der IT-Hochburg München (2.968) und Hessen (2.382). Dagegen wurden etwa in Bremen lediglich 19 Greencards zugeteilt, und von den insgesamt im Bundesgebiet erteilten 10.601 Arbeitserlaubnissen gingen nur 493 nach Ostdeutschland.

In Nordrhein-Westfalen stehen mehrere Greencard-Arbeitsverhältnis kurz vor dem Ende. In Baden-Württemberg ist die Situation ähnlich. Hier hat es laut Landesarbeitsamt ebenfalls nur vereinzelte "Arbeitslosen-Fälle" gegeben - die Betroffenen hätten aber alle recht schnell wieder Jobs gefunden. Allenfalls gebe es Einzelfälle, wo Firmen der Multimedia-Branche bankrott gegangen seien und die Mitarbeiter auf der Straße gestanden hätten.

Zukunftsaussichten

Auch Stephan Pfisterer vom IT-Branchenverband Bitkom sieht eine reine Fluktuationsarbeitslosigkeit: "Das ist kein Massenphänomen, schließlich trifft es einen Greencard-Besitzer genauso wie einen deutschen Kollegen, wenn eine Abteilung oder ein ganzer Betrieb wegen Problemen schließen muss." Er bewertet die Greencard-Regelung insgesamt positiv. Vorher habe es pro Jahr nur 200 bis 300 ausländische Fachkräfte gegeben, jetzt seien es im ersten Jahr rund 8.500 gewesen. Mittelfristig bestehe pro Jahr ein Bedarf von 20.000 bis 25.000 Hochschulabsolventen, der bisher bei weitem nicht gedeckt worden sei.

Dagegen sieht Albert Stichter vom Landesarbeitsamt Rheinland-Pfalz-Saarland für die Zukunft in der krisengeschüttelten IT-Branche schwarz: "Der Bedarf war da, ist aber sicher überzeichnet worden. Aus der IT-Branche kommt kaum noch der Ruf nach neuen Greencards. Die haben fast nur noch mit sich selbst zu tun." Er geht nicht davon aus, dass befristete Arbeitsverträge verlängert werden. Was besonders heikel ist: die arbeitlosen Greencardler haben nur einen befristeten Anspruch auf Arbeitlosengeld.(lf)