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EU buhlt um ausländische Studenten

Marcus Lütticke25. März 2013

Die Einreise in die EU für Studierende und Wissenschaftler aus Drittländern ist zu kompliziert. Die EU-Kommission will nun die Visa-Vergabe vereinheitlichen. Doch damit sind noch nicht alle Schwierigkeiten beseitigt.

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Internationale Austauschstudenten nehmen an einer Vorlesung in Leipzig teil (Foto: picture alliance / ZB)
Bild: picture alliance / ZB

Gerade noch hat EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Journalisten über den Rettungsplan für Zypern informiert, da tritt ein junger Student aus Benin ans Mikrofon im Pressesaal der EU-Kommission in Brüssel. Bellarminus Kakpovi studiert in Brüssel politische Kommunikation. Doch der Weg an eine Universität in Europa war für ihn nicht einfach. Er erzählt von den Schwierigkeiten bei der Visa-Vergabe: "Auf mein Visum für Belgien habe ich mehr als drei Monate gewartet. Kommilitonen, die nach Frankreich wollten, hatten ihr Visum schon nach zwei Wochen. Ich verstehe nicht, dass das in der EU so unterschiedlich gehandhabt wird."

Kopkavi ist zu Gast bei EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die ihr Programm zur Verbesserung der Bedingungen für Studierende aus Drittstaaten in der EU vorstellt. Bevor die Politikerin selbst ans Mikrofon tritt, lässt sie den Studenten aus Afrika zu Wort kommen und über seine Erfahrungen mit der europäischen Bürokratie berichten.

Wechsel zwischen Mitgliedsstaaten schwierig

Jedes Jahr nutzen mehr als 200.000 Studenten und Wissenschaftler aus Nicht-EU-Staaten die Möglichkeit, für eine begrenzte Zeit nach Europa zu kommen. Die Verfahren in den Mitgliedsländern der EU sind dabei jedoch keinesfalls einheitlich. Jedes Land stellt eigene Regeln auf, wenn es darum geht, Studenten und Wissenschaftlern den Zugang zu den Hochschulen des Landes zu ermöglichen. Auch ein Wechsel von einem Mitgliedsstaat in einen anderen ist mitunter schwierig.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström vor dem EU-Gebäude in Luxemburg (Foto: picture-alliance/dpa)
EU-Kommissarin Malmström wirbt um ausländische Studenten und WissenschaftlerBild: picture-alliance/dpa

Damit der Bildungsstandort EU in Zukunft für begabte Wissenschaftler aus Drittländern noch attraktiver wird und mit den USA oder Australien mithalten kann, möchte die EU-Kommission nun die Einreisebestimmungen vereinheitlichen und die Bedingungen für die Jungakademiker verbessern. Über Visa-Anträge soll in allen Mitgliedsstaaten zukünftig innerhalb einer Frist von 60 Tagen entschieden werden. Der Wechsel zwischen Universitäten unterschiedlicher Mitgliedsstaaten soll vereinfacht werden. Zudem ist geplant, dass Studenten 20 Stunden pro Woche arbeiten dürfen.

Weitere Maßnahmen notwendig

Ulrich Grothus vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) teilt die Ansicht der Kommission, dass Europa für Studierende aus Drittstaaten noch attraktiver werden muss. Für ihn sind jedoch andere Punkte entscheidend. "In Deutschland ist die Nachfrage nach englischsprachigen Masterstudiengängen weit größer als das Angebot." In diesem Bereich sollte nachgebessert werden.

Ulrich Grothus ist stellvertretender Generalsekretär beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (Foto: DAAD/Eric Lichtenscheidt)
Ulrich Grothus ist stellvertretender Generalsekretär beim Deutschen Akademischen AustauschdienstBild: DAAD/Eric Lichtenscheidt

Außerdem müsse die Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen, die einen Hochschulzugang ermöglichen, nicht pauschal nach Herkunftsland, sondern individuell betrachtet werden: "Ein Amerikaner kann sich mit seinem High School Abschluss zwar in seiner Heimat an den wahrscheinlich besten Universitäten der Welt bewerben, in Deutschland reicht dieser Abschluss jedoch nicht aus, um zum Studium zugelassen zu werden."

Grothus plädiert daher für eine individuelle Prüfung von ausländischen Hochschulbewerbern. Inwieweit man hierbei jedoch zu europaweit einheitlichen Standards kommen kann, erscheint angesichts der nach wie vor recht unterschiedlichen Bildungssysteme in den Mitgliedsstaaten fraglich.

Schritt in die richtige Richtung

Sandra Haseloff, Referatsleiterin bei der Alexander von Humboldt-Stiftung, die sich um Wissenschaftskooperationen kümmert, sieht in den neuen Vorschlägen der EU jedoch durchaus einen wichtigen Schritt: "Ich denke und hoffe, dass es zu größeren Vereinfachungen kommt. Das betrifft die Bearbeitungszeiten von Visa-Anträgen, aber auch die innereuropäische Mobilität von Studierenden, wenn diese beispielsweise in grenzüberschreitenden Doktorandenprogrammen eingeschrieben sind."

Portrait Sandra Haseloff, Referatsleiterin bei der Alexander von Humboldt-Stiftung (Foto: Sandra Haseloff)
Sandra Haseloff ist Referatsleiterin bei der Alexander von Humboldt-StiftungBild: Sandra Haseloff

Die Möglichkeit, 20 Stunden pro Woche arbeiten zu dürfen, hält Haseloff bei einem Vollzeitstudium für recht hoch. Zurzeit sieht das deutsche Gesetz vor, dass ausländische Studierende pro Jahr 120 ganze Tage oder 240 halbe Tage arbeiten dürfen. Praktika, selbst unbezahlte, sind darin eingeschlossen. Eine EU-weite Regelung gibt es bislang nicht.

Das Europäische Parlament und der Rat der EU werden jetzt über die Vorschläge von Innenkommissarin Malmström beraten. Die Kommission hofft, dass die neuen Regelungen ab 2016 anwendbar sein werden. Bellarminus Kakpovi aus Benin wird dann hoffentlich schon längst seinen belgischen Abschluss in der Tasche haben.