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Griechen hoffen auf Obama

Jannis Papadimitriou17. Oktober 2012

Griechenland fiebert der US-Wahl entgegen - und hofft auf weitere politische Unterstützung zur Bewältigung der Schuldenkrise. Viele Griechen setzen auf eine Wiederwahl Barack Obamas.

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Porträt des US-Präsidenten Barack Obama (Foto: AP)
Bild: AP

In Krisenzeiten ist Ruhe eingekehrt in die griechisch-amerikanischen Beziehungen. Doch es gibt immer noch viele Punkte, über die sich die beiden Länder nicht einig sind. Im Zypernkonflikt werfen so manche Griechen der USA eine "Begünstigung der Türkei" vor und neigen zu Verschwörungstheorien. Beim Militäreinsatz in Afghanistan wünscht sich die amerikanische Seite ein stärkeres griechisches Engagement. Auch die Entscheidung Athens, die Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo nicht anzuerkennen, bleibt ein kontroverses Thema zwischen Athen und Washington.

Vor diesem Hintergrund ist der Kampf um das Weiße Haus auch für die Griechen sehr spannend. Eine Wiederwahl des Amtsinhabers Barack Obama würde griechischen Interessen und Erwartungen durchaus entgegenkommen, erklärt Marilena Koppá, Professorin für Internationale Beziehungen in Athen und EU-Abgeordnete der mitregierenden sozialistischen Partei PASOK. Jedenfalls würden die in den USA lebenden Griechen traditionell für die Demokraten stimmen, erklärt die sozialistische Politikerin.

"Die Demokraten haben eher ein offenes Ohr für die Belange Griechenlands", sagt Koppá. Außerdem habe man nicht vergessen, dass sich der ehemalige demokratische Präsident Clinton als erster und bisher einziger amerikanischer Politiker für die Billigung der griechischen Militärdiktatur (1967 – 1974) durch die USA entschuldigt hat.

Porträt des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton bei einer Rede (Foto: Reuters)
Beliebt bei den Griechen: Ex-Präsident Bill ClintonBild: Reuters

"Obama hat Griechenland unterstützt"

Positiv hervorzuheben sei auch das Krisenmanagement des amtierenden Präsidenten: "Barack Obama hat Griechenland unterstützt zu einer Zeit, als die deutsche Haltung gegenüber der Athener Regierung besonders streng war", sagt die sozialistische Politikerin.

Dagegen war der republikanische Herausforderer Mitt Romney durch öffentliche Äußerungen aufgefallen, die aus der Sicht vieler Griechen nichts Gutes verheißen. Er würde "nicht einmal einen Dollar" für die Krise in Europa ausgeben, erklärte Romney Anfang 2012 in einem Zeitungsinterview. Während der Vorwahlen machte er sich zudem über die griechischen Säulen lustig, die noch im letzten US-Wahlkampf 2008 die Parteitagsbühne der Demokraten in Denver zierten. Anders als Romney sei der amtierende Präsident in der griechischen Öffentlichkeit bisher immer nur positiv aufgefallen, erläutert die EU-Abgeordnete Marilena Koppá.

"Es ist doch bezeichnend, dass seit dem Amtsantritt von Obama der in Griechenland traditionell starke Antiamerikanismus kontinuierlich schwindet", meint die sozialistische Politikerin. "Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass antiamerikanische Gefühle in den vergangenen vier Jahren kaum spürbar waren."

Gedämpfte Erwartungen

Nicht alle Griechen teilen allerdings die Auffassung, dass die Demokraten die bessere Wahl wären. Der konservativ-liberale Politikdozent und ehemalige Minister Andreas Andrianopoulos dämpft die Erwartungen an eine mögliche zweite Amtszeit Obamas und zeigt sich eher überzeugt vom Republikaner Romney: Immerhin habe der Herausforderer die bessere Wirtschaftskompetenz. Und die Außenpolitik der USA werde ohnehin nicht wesentlich vom Ausgang der Präsidentenwahl beeinflusst, glaubt Andrianopoulos.

Griechische Flaggen wehen über einem Stadion in Athen (Foto: dapd)
Haben die US-Demokraten mehr Verständnis für Griechenland?Bild: dapd

"Der Eindruck, die Demokraten seien uns freundlich gesonnen, ist weit verbreitet, stimmt aber nicht. Wahr ist nur, dass Republikaner sich dem internationalen Engagement aus Prinzip verweigern", meint der ehemalige Politiker. Dagegen seien die Demokraten vom Ideal getrieben, amerikanische Werte in die Welt zu tragen, und würden deshalb öfters in Konflikte verwickelt - angefangen von Kuba und Vietnam bis hin zu Bosnien und Kosovo. Doch letzten Endes würden die USA ihre Außenpolitik je nach Interessenlage ausrichten - unabhängig davon, wer Präsident werde, glaubt Andrianopoulos.  

Besonders stolz sind die Griechen auf Erfolgsgeschichten ihrer Landsleute, die mittlerweile in dritter oder vierter Generation in den USA leben. "Greek-Americans" werden sie im Herkunftsland genannt und in erster Linie als Griechen wahrgenommen, auch wenn sie in die amerikanische Gesellschaft bestens integriert sind. Wie andere Immigrantengruppen auch, organisieren sich viele "Greek-Americans" in Lobby-Gruppen und versuchen dadurch, auf Washingtons Außenpolitik Einfluss zu nehmen. 

"Die griechische Lobby befindet sich im Umbruch und ist nicht mehr ganz so einflussreich wie früher", erklärt Andrianopoulos. Führende Politiker der Lobby wie der Demokrat Paul Sarbanes und die Republikanerin Olympia Snow seien nicht mehr im Amt, erst nach und nach komme die jüngere Generation zum Einsatz. Allerdings dürfe man die Erwartungen an die griechische Lobby nicht zu hoch schrauben. "Diese Politiker stehen gegenüber ihren eigenen Wählern in der Verantwortung - und die sind ja in der Regel keine Griechen", gibt Andrianopoulos zu bedenken.