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Griechenland-Hilfen unter Dach und Fach

7. Mai 2010

Bundestag und Bundesrat haben den deutschen Griechenland-Hilfen mit sicherer Mehrheit zugestimmt. Ebenfalls wurde ein Forderungskatalog für eine bessere Kontrolle der Finanzmärkte beschlossen.

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Der Außen- und der Finanzminister im Bundestag (Foto: ap)
Ausgetüftelt: Guido Westerwelle und Wolfgang SchäubleBild: AP

Bundespräsident Horst Köhler hat am Freitag (07.05.2010) das Gesetz zur Nothilfe für Griechenland unterzeichnet. Seine Unterschrift fehlte noch, um das im Eilverfahren durchgedrückte Gesetz auf den Weg zu bringen. Zuvor hatten Bundestag und Bundesrat Milliardenkredite für das hoch verschuldete Griechenland gebilligt.

Für das Rettungspaket stimmten am Freitag im Bundestag in Berlin 390 von 601 Abgeordneten. Es gab 72 Nein-Stimmen, 139 Parlamentarier enthielten sich. Neben den Regierungsfraktionen von CDU und FDP hatten die Grünen ihre Zustimmung angekündigt. Die SPD wollte sich enthalten, die Linke mit Nein stimmen.

Die Sozialdemokraten befürworten zwar grundsätzlich das Rettungspaket, sie fordern aber eine stärkere Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenlasten. Die SPD hatte in Verhandlungen mit der schwarz-gelben Koalition auf Maßnahmen gegen Finanzspekulationen gedrängt. Darum hatte es tagelang heftigen Streit mit der Koalition gegeben.

Finanzsteuer beschlossen

Der Bundestag stimmte nun ebenfalls mit der Mehrheit von CDU und FDP für einen Entschließungsantrag, um eine Bankenabgabe und eine Steuer auf Finanzaktivitäten einführen. Den Sozialdemokraten gingen aber die Forderungen von Union und FDP an die Finanzmärkte nicht weit genug.

Außenansicht des Bundesrats-Gebäudes in Berlin (foto: ap)
Im Bundesrat gilt die Mehrheit als sicherBild: AP

FDP-Chef Guido Westerwelle hatte der Opposition in der Debatte über die Griechenland-Hilfe angeboten, kurzfristig in den Entschließungsantrag einen Passus aufzunehmen, der die Bankenabgabe und eine Steuer auf Finanzaktivitäten vorsieht. Eine von SPD und Grünen geforderte Finanztransaktionssteuer lehnte er aber weiter ab.

"Angriffskrieg gegen den Euro"

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warb eindringlich um Zustimmung zu den Hilfen. "Jede andere Alternative würde viel teurer, wäre viel gefährlicher, würde viel größere Risiken haben." Es wäre verheerend, würde Griechenland zahlungsunfähig. Die gemeinsame europäische Währung müsse verteidigt werden: "Darum geht's." Gesine Lötzsch von der Linken warf Merkel vor, sie lasse sich von den Spekulanten auf der Nase herumtanzen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast begründete das Ja der Grünen mit den Worten: "Wir stimmen heute für Europa." Es gehe auch darum, den "Angriffskrieg" gegen den Euro abzuwehren.

Auch die zweite Kammer des Parlaments, der Bundesrat, ließ die Finanzhilfen passieren. Die Länder beschlossen mehrheitlich, das Inkrafttreten nicht durch eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzögern. Anschließend soll dann Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterschreiben. Am Abend berät in Brüssel ein Sondergipfel der 16 Euro-Länder über die Konsequenzen aus der aktuellen Krise.

Klage in Karlsruhe

Die Professoren Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty, stehen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach der Übergabe einer Klageschrift gegen die deutsche Griechenland-Hilfe (Foto: APN)
Kläger unter sich: Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty (v.l.)Bild: AP

Fünf Ökonomen reichten unmittelbar nach der Abstimmung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klagen gegen das Griechenland-Gesetz ein. Sie bezeichneten den Notkredit als "offene Inflationspolitik". Weil Griechenland diesen Kredit nicht zurückzahlen könne, komme es zu einer Inflation in Deutschland, durch die etwa Gehälter, Pensionen oder Renten an Wert verlieren würden. Dies verstoße gegen das Sozialstaatsprinzip und die Eigentumsrechte der Bürger. Geklagt haben neben dem bekannten Euro-Skeptiker Joachim Starbatty auch die Professoren Karl Albrecht Schachtschneider und Wilhelm Hankel, sowie der ehemalige Hamburger Wirtschaftssenator Wilhelm Nölling (SPD) und der Ex-Thyssen-Vorstand Dieter Spethmann. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Klagen erfolglos sind.

Inzwischen wurde auch bekannt, wie sich die deutsche Finanzwirtschaft an der Griechenlandhilfe beteiligen will. Der Beitrag der deutschen Kredit- und Versicherungswirtschaft zur Aufrechterhaltung der Finanzierung Griechenlands für die nächsten drei Jahre "beläuft sich auf ein Volumen von Krediten und Anleihen von gut acht Milliarden Euro", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Freitag in Berlin.

Deutschland trägt - entsprechend seiner Bevölkerungszahl - den größten Teil der Not-Kredite für Griechenland. Bis 2012 sollen bis zu 22,4 Milliarden Euro an Hilfen für Griechenland fließen, davon bis zu 8,4 Milliarden Euro in diesem Jahr. Insgesamt stellen die Euro- Länder zur Rettung ihres Partners in diesem Zeitraum bis zu 80 Milliarden Euro bereit, der IWF bis zu 30 Milliarden Euro.

Autor: Oliver Samson
Redaktion: Stephan Stickelmann

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