1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Griechenland-Streit überschattet EU-Gipfel

25. März 2010

Hilft die EU Griechenland aus der Krise? Kurz vor Beginn des EU-Gipfels gibt Kanzlerin Merkel dazu eine Regierungserklärung ab. Sie will die EU davon überzeugen, den Internationalen Währungsfonds einzuspannen.

https://p.dw.com/p/Mbif
Jose Manuel Barroso (l.) und Angela Merkel (Archivfoto: ap)
EU-Kommissionspräsident Barroso und Kanzlerin Merkel sind geteilter Meinung über den Weg, auf dem Griechenland geholfen werden sollBild: ap

Der Terminplan von Bundeskanzlerin Angela Merkel ist mal wieder eng getaktet. Vormittags Regierungserklärung vor dem Bundestag, nachmittags Gipfel-Treffen in Brüssel. Dazwischen die vielen bilateralen und transnationalen Gespräche, das nicht enden wollende Tauziehen um die alles bestimmende Frage: Was wird aus Griechenland?

Wer ist am meisten pleite?

Das Euro-Land steckt in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seit Jahrzehnten. Griechenland braucht Geld, viel Geld. Aber die EU-Mitgliedsstaaten sind sich über ein Rettungspaket längst nicht einig. Viel zu schwach ist der Euro momentan, viel zu knapp bei Kasse sind auch die anderen Länder. Der Notfallplan wackelt, noch bevor er überhaupt aufgestellt werden konnte. Die Verhandlungen drohten schon mehrmals völlig zu kollabieren.

Auch wenn all das nicht offizielles Thema des EU-Frühjahrsgipfels ist, der am Donnerstagnachmittag (25.03.2010) in Brüssel beginnt - hinter der Fassade rauchen die Köpfe. Mittendrin Angela Merkel, die mit ihren Argumenten in den vergangenen Tagen die gesamte EU aufgeschreckt hat - und jetzt dennoch alle um sich zu scharen scheint.

Deutschland schaltet auf stur

Merkel vor griechischer Flagge (Montage: dw)
Sperrt sich gegen EU-Hilfen für die Griechen: Bundeskanzlerin Angela Merkel

Denn Merkel sperrt sich. Erstmals in der EU-Geschichte der vergangenen Jahre ist Deutschland das EU-Mitglied, das sich stur stellt. Zumindest ein bißchen. Denn Angela Merkel will nicht zahlen. Krise hin oder her, es drohe schließlich nicht die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands, sagte sie.

Merkel denkt an die eigene Haushaltskasse: Deutschland wäre im Falle einer EU-Solidaritätsaktion das größte potenzielle Geberland. Seit Wochen schon sträubt sich die Bundesrepublik deswegen gegen konkrete Hilfsversprechen. Kreditgarantien für Griechenland lehnt die Bundesregierung ab. "Hilfen für Griechenland wären das falsche Signal", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle.

Skandalöse Alternative?

Erst nach langem Zögern, ob man überhaupt über konkrete Hilfen sprechen sollte, präsentierte die Kanzlerin nun ihren Gegenentwurf: Griechenland solle Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen. Die Euro-Länder sollten nur ergänzend helfen.

Eigentlich ist der Vorschlag ein kleiner Skandal: Er gesteht unmittelbar die Handlungsunfähigkeit der Europäischen Union ein. Ein Brüsseler Fernseh-Korrespondent zog den direkten Vergleich: Wäre ein Bundesstaat der USA pleite, würden die USA ja auch nicht die Europäische Union um Hilfe bitten. Diesem Szenario käme das Einschalten des IWF gleich.

EZB wird zum Gegner Merkels

EZB-Gebäude in Frankfurt (Foto: ap)
Die EZB lehnt sich gegen Merkels Idee aufBild: Picture-alliance/dpa

Und so hat die Idee scharfe Kritiker: Die Europäische Zentralbank (EZB) sperrt sich vehement gegen Merkels Vorschlag. "Diejenigen, die an ökonomischer und monetärer Stabilität in Europa interessiert sind, sollten sich gegen den Gang zum IWF wehren", schreibt Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi in der Wochenzeitung "Die Zeit". "Um es provokant zu formulieren: Die Leute sollten vor dem Verfassungsgericht klagen, wenn der IWF angerufen wird." Die EZB favorisiert eindeutig eine bilaterale Hilfslösung für Griechenland, zum Beispiel über zeitlich befristete bilaterale Kredite.

Gute Chancen für Merkel

Trotz aller Kritik: Merkel scheint sich mit der IWF-Idee im EU-weiten Gezänk durchzusetzen. "Die Tendenz geht klar zum IWF", sagte ein Diplomat aus Brüssel. Merkel will am Donnerstagvormittag in einer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag ihren Griechenland-Plan genauer erläutern. Danach wird in Brüssel weiterverhandelt, bis der Gipfel dann um 17 Uhr MEZ offiziell beginnt.

IWF-Gebäude (Foto: ap)
Landet der Fall Griechenland beim Internationalen Währungsfonds in Washington D.C.?Bild: ullstein bild - JOKER/Lohmeyer

Sollten sich die EU-Länder grob einigen, könnte es vorher noch eine gesonderte Zusammenkunft geben. So sieht es zumindest der Plan von EU-Ratsvorsitzendem Herman Van Rompuy vor. Offen ist noch, ob Merkel diesem Sondergipfel zustimmen würde. EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso forderte die Regierungschefs erneut auf, sich zu einigen und das Prozedere für Griechenlandhilfen vertraglich festzulegen. Deutschland sieht nach wie vor noch keine Grundlage für einen Beschluss.

Die offiziellen Themen des zweitägigen Frühjahrsgipfels sind übrigens die geplante Wachstumsstrategie bis 2020 und der Klimaschutz. Von einem guten Klima auf dem Gipfel wird man aber wohl erst nach einer Einigung in der Griechenlandfrage sprechen können.

Autorin: Anna Kuhn-Osius (ap, dpa, rtr, afp)

Redaktion: Ulrike Quast

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen