1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Griechenland - vom Sorgenkind zum Notfall

16. Juni 2015

Wegen des festgefahrenen Schuldenstreits sollen sich die Euro-Länder bereits auf einen Notfallplan für Griechenland verständigt haben. Der Startschuss würde auf einem Sondergipfel am Freitag fallen. Doch Athen winkt ab.

https://p.dw.com/p/1Fhht
Statue des griechischen Philosophen Sokrates vor der Kunstakademie von Athen (Foto: picture alliance/ANE Edition)
Bild: picture alliance/ANE Edition

Dieser Notfallplan sehe im Falle eines endgültigen Scheiterns der Verhandlungen eine Kontrolle des griechisch-europäischen Zahlungsverkehrs vor, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) unter Berufung auf Quellen in Berlin und Brüssel.

Die Gläubiger wollen demnach den Griechen zunächst eine weitere Chance geben und abwarten, ob es den Euro-Finanzministern bis Ende der Woche gelingt, sich mit der Regierung in Athen auf die Eckpunkte zur Erfüllung des laufenden Rettungsprogramms zu einigen. Die Minister tagen am Donnerstag und Freitag in Luxemburg.

Werde dort keine Einigung erzielt, solle ohne weitere Verzögerung ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel einberufen werden, heißt es in dem Bericht. Als Termin sei Freitagabend im Gespräch. Auf diesem Sondergipfel solle erneut eine politische Lösung gesucht werden.

Athen wies den Bericht über einen Notfallplan zurück. Auch ein Sprecher der Bundesregierung wollte das nicht bestätigen.

Bankenschließung, eingeschränkter Zahlungsverkehr

Der Notfallplan sieht laut SZ vor, am Wochenende eine Kontrolle des griechisch-europäischen Zahlungsverkehrs vorzubereiten. Dazu müssten die Banken in Griechenland einige Tage geschlossen bleiben. Nach deren Wiedereröffnung könnten tägliche Abhebungen an Geldautomaten und der elektronische Zahlungsverkehr im Inland eingeschränkt sowie der ins Ausland gesperrt werden. Solche Kapitalverkehrskontrollen dienen dazu, einen Bankensturm und den massenhaften Abfluss von Banknoten zu verhindern. Sie wurden erstmals 2013 zwischenzeitlich in Zypern eingeführt, als der Staat ein Rettungsprogramm beantragt hatte.

Da der freie Waren- und Geldverkehr ein Grundprinzip der Europäischen Union ist, müsste die Regierung in Athen der Zeitung zufolge ein Sondergesetz verabschieden, um den Zahlungsverkehr kontrollieren und beschränken zu dürfen. Sollte Athen sich weigern, bliebe den Euro-Ländern als allerletzte Möglichkeit, Griechenland im Zahlungssystem zu isolieren.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis (Foto: Getty Images/AFP/E. Dunand)
Der griechische Finanzminister Yanis VaroufakisBild: Getty Images/AFP/E. Dunand

Varoufakis: Kein neues Reformpapier aus Athen

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis sagte der "Bild"-Zeitung, er werde bei dem Treffen mit seinen Ressortkollegen aus den anderen Euro-Ländern kein neues Reformpapier vorlegen. Die Eurogruppe sei "nicht das Forum, Positionen und Vorschläge zu präsentieren, die zuvor nicht auf unterer Verhandlungsebene diskutiert und verhandelt worden sind."

Das griechische Verhandlungsteam stehe aber "jederzeit bereit, eine umfassende Lösung mit unseren Partnern zu finden". Voraussetzung sei, dass die Vertreter von Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU "mit einem klaren, harten Mandat an den Verhandlungstisch kommen". Varoufakis lud Bundeskanzlerin Angela Merkel ein, in Griechenland eine "Rede der Hoffnung" zu halten. So könne Merkel Führung übernehmen - "nicht nur für Griechenland, sondern für ganz Europa".

Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland verhandelt seit Monaten mit seinen internationalen Kreditgebern über die Bedingungen, zu denen in Aussicht gestellte Hilfen von 7,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden sollen. Die Zeit für eine Einigung wird knapp, weil das Hilfsprogramm für Athen Ende Juni ausläuft. Außerdem erwartet der Internationale Währungsfonds von Athen bis zum Ende des Monats eine Rückzahlung von 1,6 Milliarden Euro.

sti/jj (dpa, afp, rtr)