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Schuldenkrise: Gute Nerven sind gefragt

17. Juni 2015

Nach dem Scheitern der Schuldengespräche in Brüssel richtete sich die Hoffnung auf das Treffen der Euro-Finanzminister. Nun wird über einen Euro-Gipfel gesprochen. Das griechische Schuldendrama wird zur Geduldsprobe.

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Viele Griechen demonstrieren vor dem Parlament für die Regierung (Foto: Reuters)
Viele Griechen demonstrieren vor dem Parlament für die RegierungBild: Reuters/Y. Behrakis

Einen ganz kleinen Fortschritt in der Griechenlandkrise gibt es doch: Sie sprechen wieder miteinander - der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker telefoniert.

Am Sonntag waren die Gespräche zwischen beiden Seiten in Brüssel vorläufig abgebrochen worden. Juncker hatte Tsipras zuletzt vorgeworfen, dem griechischen Volk die Unwahrheit über die Forderungen der Gläubiger zu sagen. Über den Inhalt des Telefongesprächs wurde offiziell nichts bekannt. Griechische Medien spekulierten, Juncker taste ab, ob Athen zu einer neuen Verhandlungsrunde mit seinen Gläubigern bereit sei.

Gläubiger wollen Reformen

Die Gläubiger wollen Griechenland erst dann weitere Finanzhilfen geben, wenn Athen ein schlüssiges Reformprojekt vorgelegt hat. Es geht um 7,2 Milliarden Euro aus dem bald auslaufenden Hilfsprogramm von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Am 30. Juni muss die Regierung in Athen Kredite im Volumen von fast 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Es gibt Zweifel, ob Griechenland dazu noch in der Lage sein wird.

Eine Annäherung oder eine gar eine Lösung in der Schuldenkrise wird von den Beratungen der Euro-Finanzminister am Donnerstag in Luxemburg aber nicht erwartet. Griechenland hat keine neuen Vorschläge für Reformen und Einsparungen vorgelegt. Die Geldgeber fordern unter anderem, das Rentensystem zu reformieren. Gerade das lehnt der linkgerichteten Tsipras ab, den die Griechen, die unter der Wirtschaftskrise leidend, gerade wegen des Versprechens gewählt hatten, weitere soziale Einschnitte abzuwehren.

Tsipras (r.) und Faymann in Athen (Foto: Reuters)
Bundeskanzler Faymann und Ministerpräsident Tsipras in AthenBild: Reuters/P. Hanna

Tsipras: Keine Rentenkürzungen

Nach einem Treffen mit dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann in Athen kritisierte Tsipras das "Beharren" der Kreditgeber auf niedrigeren Renten. Es gebe keinen Spielraum für weitere Senkungen, ohne "am Kern" des Rentensystems zu rühren, und Europa werde für diese "nicht nachvollziehbare Festlegung" einen "Preis" zahlen müssen, sagte er. Seine Regierung sei den Gläubigern bei Steuererhöhungen und Rentenreform so weit wie möglich entgegengekommen, betonte Tsipras.

Der Sozialdemokrat Faymann erklärte, was Athen brauche, seien keine weitere Kürzungen, sondern mehr Investitionen. Mit Blick auf die Steuern sagte er, reiche Griechen müssten ihre Steuern zahlen und dürften ihr Geld nicht ins Ausland schaffen.

Dagegen signalisierte der griechische Chef-Unterhändler Euclid Tsakalotos deutlicher bis bisher Spielraum für Zugeständnisse. Eine Kürzung der Renten sei aber indiskutabel, betonte er auch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Einigung sei nur möglich, wenn die Vereinbarung tragfähig sei und Schulden-, Finanzierungs- sowie Investitionsfragen berücksichtige. "Wenn es das gibt, wird die griechische Regierung die Übereinkunft unterschreiben", sagte Tsakalotos

Merkel spricht im Bundestag

Auch Deutschland setzt weiter auf eine Einigung. "Die Bundesregierung möchte eine Lösung", sagte Kanzleramts-Chef Peter Altmaier nach Beratungen des Haushaltsausschusses des Bundestages.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt an diesem Donnerstag im Parlament Regierungserklärung zum EU-Gipfel in der kommenden Woche ab. Es wird erwartet, dass sie sich auch zur griechischen Schuldenkrise äußert. In Korrespondentenberichten heißt es, möglicherweise gebe es vor dem EU-Gipfel noch ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone zu Griechenland. Offiziell bestätigt wurde dies nicht.

In Athen und anderen griechischen Städten demonstrierten derweil Tausende Menschen gegen die Sparpolitik und für eine harte Haltung gegenüber den Gläubigern (Artikelbild). Zu den Kundgebungen hatten Sympathisanten der Tsipras-Regierung aufgerufen. Mehrere Minister und Abgeordnete der Regierungskoalition beteiligten sich. Die Regierung strebe zwar eine Einigung mit den Gläubigern an, sagte Innenminister Nikos Voutsis im Fernsehen. Aber notfalls werde Griechenland den Euro aufgeben. Er fügte hinzu: "Wir sind zu allem bereit."

wl/kle (dpa, afp, rtr)