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'Frankenstein-Forschung'

20. Mai 2008

Britische Forscher dürfen künftig Embryonen aus menschlichem Erbgut und tierischen Eizellen schaffen. Die Katholische Kirche übt scharfe Kritik: das sei "Frankenstein-Forschung".

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Eine tiefgefrorene Probe mit embryonalen Stammzellen (Foto: AP)
Eine tiefgefrorene Probe mit embryonalen StammzellenBild: AP

Nach einer langen, hitzigen Debatte stimmte das Unterhaus in London am Montagabend (19.05.2008) mit 336 zu 176 Stimmen gegen einen Antrag, die Produktion solcher Misch-Embryonen generell zu verbieten. Das Oberhaus hatte dem Text bereits zugestimmt. Damit unterstreicht Großbritannien seinen Ruf als eines der weltweit liberalsten Länder in der Stammzellenforschung.

Die Abstimmung im Parlament war Teil von Beratungen über ein Gesetzesvorhaben, das den Umgang mit Embryonen neu regeln soll. Dem Entwurf zufolge müssen Tier-Mensch-Embryonen allerdings nach spätestens zwei Wochen zerstört werden und dürfen nicht in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt werden. Wissenschaftler erhoffen sich neue Therapiemethoden für Krankheiten wie Alzheimer oder Mukoviszidose.

Gordon Brown (Foto: dpa)
Premierminister Gordon ist auch BetroffenerBild: picture-alliance/ dpa

Abstimmung ohne Fraktionszwang

Premierminister Gordon Brown, dessen zweijähriger Sohn an Mukoviszidose leidet, ist ein flammender Befürworter des Gesetzes. Auch der konservative Oppositionsführer David Cameron hatte seine Zustimmung angekündigt. Bei vielen konservativen Abgeordneten war der Entwurf allerdings sehr umstritten. Die Parlamentarier sind nicht der Fraktionsdisziplin unterworfen und durften bei dieser ethisch problematischen Frage frei entscheiden.

Auch die katholische Kirche hatte ein Verbot der Forschungsmethode gefordert, die ein Geistlicher als "Frankenstein-Experiment" bezeichnet hatte.

Forscher: Tierische Eizellen unbegrenzt verfügbar

Britischen Forschern war es Anfang April erstmals gelungen, Chimären-Embryonen aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Kühen zu erzeugen. Nach Angaben der Universität Newcastle wurden Embryonen aus menschlichem Erbgut, das aus Hautzellen gewonnen wurde, und Eizellen von Kühen geschaffen. Ein Argument der Forscher ist, dass tierische Eizellen im Gegensatz zu menschlichen unbegrenzt zur Verfügung stünden. Die Embryonen seien nach drei Tagen wieder zerstört worden. Die zuständige britische Aufsichtsbehörde hatte bereits im September 2007 eine grundsätzliche Zustimmung erteilt und den Forschern Sondergenehmigungen für Experimente erteilt.

Lyle Armstrong von der Universität Newcastle leitet das Forscher-Team, das Embryonen aus Mensch und Tier schuf (Foto: dpa)
Lyle Armstrong von der Universität Newcastle leitet das Forscher-Team, das Embryonen aus Mensch und Tier schuf (Archivfotos)Bild: picture-alliance/dpa

In einem weiteren Versuch wollten die Forscher die Hybriden zunächst sechs Tage leben lassen. Sollten die Versuche erfolgreich sein, könnten auch Embryonen aus Mensch und Kaninchen, Ziegen und anderen Tieren entstehen. Ähnliche Experimente wollten auch Stammzellenforscher am King's College in London vornehmen. Auch sie haben eine Behördengenehmigung.

Vergleichbare Vorhaben wie in Großbritannien hat es nach Auskunft der jeweiligen Wissenschaftler bereits 1998 in den USA und 2002 in Südkorea gegeben.

Das Unterhaus will am Dienstag weiter über das Gesetzesvorhaben beraten, das unter anderem auch lesbischen Paaren leichteren Zugang zu künstlichen Befruchtung ermöglichen will. Außerdem sieht der Entwurf eine Verschärfung der Abtreibungsfristen vor. (mas)