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Großbritannien profitiert von osteuropäischen Arbeitskräften

Donald MacGillivray18. Februar 2006

Großbritannien gehörte zu den wenigen EU-Ländern, die einen uneingeschränkten Zuzug osteuropäischer Arbeitsmigranten erlauben. Das Land hat von der Öffnung profitiert.

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Passanten in LondonBild: picture-alliance/ dpa

Bartek Farbiensky und eine seiner Kundinnen unterhalten sich über die Auswahl an Waren in seinem Delikatessengeschäft im Nordwesten von London. Das Geschäft öffnete erst vor ein paar Monaten, es ist eines von Hunderten, die mit dem Ansturm polnischer Arbeitskräfte eröffnet wurden. In den letzten beiden Jahren sind 300.000 Osteuropäer nach Großbritannien gekommen, die Hälfte von ihnen aus Polen. "Ich habe jetzt das Gefühl als wäre ich wieder in Polen. Es gibt so viele Polen hier", sagt Farbiensky.

Entlastung der Wirtschaft

Vor zwei Jahren, als die Europäische Union von 15 auf 25 Mitgliedsländer anwuchs, brachten britische Boulevardblätter wilde Geschichten über eine Flut von Osteuropäern, die angeblich nach Großbritannien hereinströmen würden. Die eine Hälfte dieser Immigranten würde den Briten die Arbeitsplätze wegnehmen und die andere Hälfte bequem von der Sozialhilfe leben.

Aber nun sieht es so aus, als brauche man sich keine Sorgen zu machen: Ein Bericht der Europäischen Union zeigt, dass Großbritannien von der Öffnung der Grenzen für osteuropäische Arbeitskräfte profitiert hat. Der Bericht führt aus, dass die Arbeitskräfte aus den zehn neuen EU-Ländern die Wirtschaft in Gebieten entlasten, wo es nicht genug ausgebildete britische Arbeiter gibt. Das betrifft hauptsächlich Baustellen und das Hotel- und Gaststättengewerbe. Großbritannien gewinnt gute und verlässliche Arbeitskräfte, und die Besucher verdienen harte britische Pfunde.

Kaum Sozialhilfeanträge

Klempner aus Polen gibt Pressekonferenz
Der "Polnische Klempner" aus einer französischen Werbekampagne gibt eine PressekonferenzBild: AP

"Die Leute kommen hierher wegen der wirtschaftlichen Möglichkeiten", sagt Farbiensky. "Polen ist zwar in die EU integriert, aber die Infrastruktur ist immer noch unterentwickelt. Es gibt nicht genug Arbeit, die Teuerungsrate ist ziemlich hoch, die Gehälter sind niedrig, viele Leute haben Schulden." Befürchtungen, dass Bürger der neuen EU-Staaten versuchen würden, von der Sozialhilfe zu leben, haben sich als grundlos erwiesen. Von den 300.000 Menschen, die sich um eine Arbeitsstelle beworben haben, haben nur 2.500 einen Antrag auf Sozialhilfe gestellt. Und weniger als 100 dieser Anträge sind bewilligt worden.

Christian Duftman, ein Migrationsexperte des University College London, sagt, dass Großbritannien einen geschickten Schachzug gemacht hat: "Es gab eine Riesendiskussion und eine Unmenge negativer Presseberichte wegen dieser Entscheidung, aber ich glaube sie war richtig." Duftmann schätzt, dass die augenblickliche Lage sich ändern wird. Er erwartet, dass die große Mehrheit dieser Arbeiter so lange bleiben wird, bis sie genügend Geld verdient hat und dann wieder zurück nach Osteuropa zieht, um ihr Leben dort wieder aufzunehmen.

Auf dem Rückweg

"Ein großer Anreiz für polnische Bürger, nach Großbritannien zu kommen und dort zu arbeiten ist, das verdiente Geld in Polen ausgeben zu können, da die Kaufkraft des englischen Pfundes in Polen viel größer ist als in England", sagt Duftmann. Der Anreiz bestehe also darin, nur zeitweise nach England zu ziehen. Er vermute, dass ein Großteil der Migranten entweder schon zurückgekehrt ist, oder innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre zurückkehren werde.

Nur Großbritannien, Schweden und Irland haben einen unbegrenzten Zuzug osteuropäischer Arbeitssuchender erlaubt, und mit diesen Ländern ging es in den letzten Jahren bergauf. Brüssel verweist auf diese Erfolge und ermutigt alle anderen EU-Länder ihre Grenzen ebenfalls für Facharbeiter zu öffnen, um ihre Wirtschaftskraft zu stärken.