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Chavez Referendum

Oliver Pieper16. Februar 2009

In Venezuela haben die Menschen in einem Referendum dafür gestimmt, dass sich der Präsident unbegrenzt zur Wiederwahl stellen darf. Ein zweifelhafter Sieg für Chávez, findet Oliver Pieper.

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Bild: DW

Es sei ein Sieg der Revolution, verkündete Hugo Chávez vollmundig. Nach seinem Wahltriumph versprach er, die Korruption zu bekämpfen, die verkrusteten Parteistrukturen aufzubrechen, die Abhängigkeit vom Erdöl zu beenden und vor allem die Ideale des Freiheitshelden Simon Bolívar wiederzubeleben. "Socialismo o muerte", "Sozialismus oder Tod", "Alles oder nichts" ist sein Motto – und die Venezolaner schenken dem ehemaligen Oberstleutnant der Armee ihr Vertrauen.

Am 2. Februar 1999 wurde Hugo Chávez zum ersten Mal zum Präsidenten vereidigt. Man könnte meinen, die Zeit in Caracas sei seitdem stehen geblieben. Hugo Chávez, der selbsternannte Anführer der bolivarischen Revolution und Verfechter des Sozialismus des 21. Jahrhunderts, gewann zehn Jahre später das Referendum zur Verfassungsänderung - mit den gleichen Parolen wie damals. Hugo Chávez kann jetzt unbegrenzt wiedergewählt werden, er selbst steuert schon mal an, 2019 sein zwanzigjähriges Jubiläum im Amt zu feiern. Und man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass Chávez seine Landsleute auch in den nächsten Jahren mit seinem revolutionären Getöse beglücken wird.

Starke Korruption

Der politische Ziehsohn Fidel Castros wollte die Korruption bekämpfen. Tatsächlich sind in politischen Schlüsselpositionen nur Chávez-Anhänger vertreten und die hoch gelobten Projekte zur Armutsbekämpfung häufig von Korruption durchsetzt. Die Lebensqualität ist zwar gestiegen und der Anteil der Armen von 44 auf 30 Prozent zurückgegangen, doch viele Venezolaner haben noch immer keinen Zugang zu subventionierten Lebensmitteln, obwohl sie ihnen zustehenund verfügen, über keine kostenlose Gesundheitsversorgung.

Portrait Oliver Pieper (dw)
Oliver Pieper kommentiert

Die Bürokratie ist aufgebläht und korrupt wie eh und je, ein Behördenbesuch kann sich jetzt schon ein paar Tage statt Stunden hinzuziehen. Immerhin schafft dies Arbeitsplätze: Viele Venezolaner verdienen sich den einen oder anderen Bolívar hinzu, indem sie für Geschäftsleute vor den Ämtern Schlange stehen.

Krise durch Öl

Die Abhängigkeit vom Erdöl hat sich in den letzten Jahren noch vergrößert: Heute bestreitet Venezuela mehr als drei Viertel seines Staatshaushalts aus den Öl-Einnahmen. Die sprudelnden Gewinne für den weltweit fünftgrößten Exporteur sind jedoch Geschichte. Weil jetzt für das Barrel Rohöl nicht mehr 70, sondern nur noch 40 US-Dollar gezahlt werden, stehen Venezuela schwierige Zeiten bevor. Die Inflation ist mittlerweile wieder bei 30 Prozent angelangt, die Konjunktur kühlt sich nach fünf Jahren kräftigen Wachstums wieder ab. Die weltweite Finanzkrise kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für Chávez, denn schon jetzt ist sie auch bei den ärmeren Bevölkerungsschichten angekommen - seiner Machtbasis.

Zusammenschluß lateinamerikanischer Staaten?

Eines der politischen Ideale seines Vorbildes Simon Bolívar hat Hugo Chávez mit seinem Sieg im Referendum tatsächlich erreicht: Der südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer Bolívar plädierte für einen auf Lebenszeit gewählten Präsidenten.

Das zweite, eine Konföderation aller lateinamerikanischen Staaten, versuchte Chávez 2005 mit der Gründung der ALBA, der Bolivarischen Alternative für Amerika, voranzutreiben. Doch der wirtschaftliche Zusammenschluss ohne eine dominierende Rolle der USA könnte jetzt ins Stocken geraten: Zum einen, weil der neue US-amerikanische Präsident Barack Obama sich sicherlich mehr um den sogenannten Hinterhof der Vereinigten Staaten kümmern wird als sein Vorgänger George W. Bush. Zum anderen, weil Venezuela seine Rolle als großzügiger Geldgeber für Länder wie Kuba, Nicaragua, Bolivien, Ecuador oder Paraguay auf Dauer nicht mehr aufrecht erhalten kann, wenn die Ölpreise sinken.

Es ist ein Sieg der Revolution - das sieht wohl auch der greise kubanische Revolutionsführer Fidel Castro so, der Chávez selbstredend als Erster gratulierte. Der Máximo líder stand bis zu seinem Abtritt im Frühjahr 2008 fast ein halbes Jahrhundert an der Spitze des Karibik-Staates. Trotz seines jüngsten Sieges ist es unwahrscheinlich, dass Hugo Chávez so lange in Venezuela an der Macht bleibt.

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