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Große Pläne, kleine Kasse

9. Februar 2004

An guten Vorschlägen wird es bei der Artenschutzkonferenz der Vereinten Nationen in Kuala Lumpur nicht fehlen - wahrscheinlich aber am Geld, um sie umzusetzen.

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Schützen - bevor es zu spät istBild: AP

Weltweit ist nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Wälder erhalten. 75 Prozent der kommerziell genutzten Fischarten sind überfischt oder stehen am Rande der Überfischung. Ein globales Netz von Schutzgebieten auf dem Land und im Meer könnte den Artenverlust zumindest bremsen. Mögliche Regeln für die Einrichtung eines solchen Verbundes sind ein Kernpunkt der siebten Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über biologische Vielfalt, die am Montag (9.2.2004) in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur began.

Der Konvention, die auf dem Erdgipfel für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro vereinbart wurde, sind bislang mehr als 180 Staaten beigetreten. Die USA haben sie noch nicht ratifiziert. Bei der Konferenz geht es auch darum, wie Entwicklungsländer davon profitieren, wenn zum Beispiel Pharma- und Agrarkonzerne des Westens Gene und Wissen aus den artenreichen Regionen der Erde nutzen.

Existenz gefährdet - auch in Europa

EU-Umweltkommissarin Margot Wallström wies im Vorfeld der Konferenz darauf hin, dass viele Arten auch in Europa stark gefährdet seien. "Auf dem europäischen Kontinent sind 42 Prozent der Säugetiere, 15 Prozent der Vögel und 52 Prozent der Süßwasserfische bedroht", heißt es in einem Bericht der EU-Kommission. Dem Bericht zufolge sind derzeit weltweit fast 12.300 der bekannten Arten vom Verschwinden bedroht. Insgesamt seien 1,75 Millionen lebende Arten erfasst. "Keiner weiß, wie viele Arten es auf der Erde gibt, ganz zu schweigen davon, wie es ihnen geht", heißt es in dem Bericht weiter.

Margot Wallström, EU Umweltkommisarin
Margot Wallström, EU UmweltkommisarinBild: AP

Die Europäische Union will sich deshalb in Kuala Lumpur für ein konkretes internationales Arbeitsprogramm einsetzen. "Wir fordern insgesamt ein ehrgeiziges Programm mit klaren Zielen und zeitlichen Vorgaben für die Einrichtung eines globalen Schutzgebiet-Netzwerkes." Wallström sagte in Brüssel, die Zeit dränge. "Beim jetzigen Stand der Dinge nimmt die weltweite biologische Vielfalt weiterhin ungehindert ab", erläuterte sie.

Mehr Schutzgebiete

Die EU-Staaten, darunter auch die Beitrittsländer, haben daher gemeinsame Forderungen formuliert: Demnach soll bis 2010 zu Land und bis 2012 zu Wasser ein weltweit zusammenhängendes System von Schutzgebieten errichtet werden, das effektiv verwaltet wird und ökologisch repräsentativ ist. Das weltweite Netzwerk solle auf bereits existierenden Gebieten aufbauen, aber auch neue aufnehmen und Verbindungskorridore schaffen, so dass Arten von einem zum anderen Schutzgebiet gelangen können. Das rasche Aussterben von Pflanzen und Tieren soll dadurch bis zum Jahr 2010 deutlich gebremst werden. Die Schutzbemühungen sollen laut Dirk Schwenzfeier, Referatsleiter Internationaler Naturschutz beim Bundesumweltministerium, aber auch die übrige Landschaft einbeziehen und bei allen politischen Entscheidungen über Holzeinschlag oder Straßenbau eine Rolle spielen. Zur Umsetzung der Ziele fordert die EU die Einsetzung einer neue UN-Arbeitsgruppe.

Handel mit "genetischen Ressourcen"

Für die Entwicklungsländer geht es bei der Konferenz darum, von ihren eigenen genetischen Ressourcen wirtschaftlich zu profitieren. "Die Entwicklungsländer sehen ihre genetischen Ressourcen als handelbares Gut wie Öl oder Holz, das international verkauft werden kann", erläutert Schwenzfeier. Für diesen Handel wollten sie detaillierte Regeln erreichen. Die EU werde die Länder dabei unterstützen.

Die Industrieländer haben nach Einschätzung des Greenpeace-Artenschutzexperten Martin Kaiser eine besondere Verantwortung, denn die globale Ausbeutung von Arten sei vor allem auf den Konsumgewohnheiten des Westens zurückzuführen: "Aus den Urwäldern Kanadas und Skandinaviens kommt Kopierpapier. Das Holz aus den Wäldern der Gorillas in Afrika wird bei uns zu Fensterrahmen verarbeitet. Und aus Indonesien und Malaysia beziehen wir hauptsächlich Gartenmöbel."

Wer soll das bezahlen?

Noch nicht geklärt ist Greenpeace zufolge, woher das Geld für die Schutzgebiete kommen soll. Verschiedene Forscher hätten einen Betrag von etwa 33 Milliarden Dollar (26 Milliarden Euro) pro Jahr berechnet, damit Schutzgebiete ausgeweitet und erhalten werden können. Derzeit werden laut Greenpeace jedoch erst acht Milliarden Dollar pro Jahr dafür aufgewendet, sieben Milliarden davon in Industrieländern. Die Organisation fordert daher mehr "grüne Entwicklungshilfe" von der Bundesregierung. "Naturschutz ist eine Methode der Armutsbekämpfung und zwar eine dauerhafte", betont Greenpeace-Sprecherin Carmen Ulmen. (sams)