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Südafrika im Wahl-Fieber

Assumpta Lattus, Hilke Fischer8. Mai 2014

In langen Schlangen hatten die Südafrikaner ausgeharrt, um ihre Stimmen abgeben zu können. Die fünfte demokratische Wahl des Landes verlief trotz weniger Unruhen vorab weitgehend reibungslos.

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Wahlen in Südafrika Foto: REUTERS/Mark Wessels
Bild: Reuters

Die 60-jährige Mampi Maluleke war als erste da. Um fünf Uhr morgens ist sie zu Hause aufgebrochen. Um sechs wartet sie bereits, die große Jacke eng um den Körper geschlungen, um sich vor dem kalten Wind zu schützen. Vor dem Wahllokal in der Hitekani-Grundschule in Soweto, einem Township der südafrikanischen Metropole Johannesburg, hat sich um diese Zeit bereits eine Schlange gebildet.

Als das Wahllokal am Mittwoch (07.05.2014) um halb acht für die Parlamentswahl öffnet und Mampi Maluleke ihre Stimme abgeben kann, liegt ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht. "Ich fühle mich, als könnte ich fliegen. Ich bin so froh, diesen Tag noch erleben zu dürfen."

20 Jahre ist es her, dass schwarze Südafrikaner zum ersten Mal wählen durften. Sie schätzen dieses Recht bis heute hoch. Es ist untrennbar verbunden mit der Befreiung von Südafrikas Apartheidregime. Bei den ersten Wahlen im Jahr 1994 gewann der Afrikanische Nationalkongress (ANC) haushoch, Nelson Mandela wurde Südafrikas erster schwarzer Präsident. Obwohl der jetzige Präsident, Jacob Zuma, zuletzt viel in der Kritik stand, hat Mampi Maluleke auch bei dieser Wahl für den regierenden ANC gestimmt, wie sie erzählt. "Ich habe meinen Kindern gesagt, sie sollen auch für den ANC stimmen - eines Tages wird er uns helfen."

Mampe Malulike Foto: DW/A. Lattus
Die erste an der Wahlurne: Mampi MalulekeBild: DW/A. Lattus

Unzufriedenheit bei der jungen Generation

Phumelani Khoza ist 23 Jahre alt und gehört damit zur "Generation Born Free". Im Gegensatz zu Mampi Maluleke kennt er nur ein Südafrika ohne Rassentrennung. Auch er stimmt heute in der Hitekani-Grundschule über ein neues Parlament ab. Die Wahl gebe ihm die Möglichkeit, über seine eigene Zukunft zu entscheiden, sagt er. Mit der Politik der aktuellen Regierung ist er unzufrieden: "Der ANC hat versagt, denn er ist die Landfrage nicht entschieden genug angegangen." Die Partei habe vor 20 Jahren versprochen, 30 Prozent des Landes, das während der Apartheid an weiße Farmer gegangen war, an die rechtmäßigen schwarzen Besitzer zurückzugeben. "Bis jetzt ist das aber erst mit sieben Prozent der Flächen passiert."

Khoza hat deshalb für die "Economic Freedom Fighters" (EFF) gestimmt. Die Landfrage ist eines der Hauptanliegen dieser antikapitalistisch ausgerichteten Partei. Sie tritt zum ersten Mal bei einer südafrikanischen Parlamentswahl an.

Größte Oppositionspartei ist die Demokratische Allianz (DA). Auch sie hofft auf viele Stimmen unzufriedener Südafrikaner. Umfragen der südafrikanischen Wochenzeitung "Sunday Times" zufolge kann die Partei mit ihrer deutschstämmigen Spitzenkandidatin Helen Zille mit etwa 23 Prozent der Stimmen rechnen - bei der vergangenen Wahl vor fünf Jahren lag sie noch bei 16,7 Prozent.

"Ich habe für Veränderung, für meine Generation und für die Generation meines Sohns gestimmt", sagt Cheryl Mageza, Mutter eines zweijährigen Kindes. Deshalb habe sie bei der DA ihr Kreuz gemacht. "Hier in Südafrika muss sich viel ändern: Wir haben die höchste Kriminalitätsrate weltweit, wir brauchen ein besseres Bildungssystem und mehr Jobs", sagt die 29-Jährige.

ANC ist siegessicher

Im Vorfeld der Wahl kam es vereinzelt zu Gewaltausbrüchen. Als Vorsichtsmaßnahme hatte die Regierung bereits die Armee in einige Brennpunkte entsandt. Im Johannesburger Township Bekkersdal etwa half das allerdings nicht. Berichten zufolge steckten Demonstranten dort mindestens ein Wahllokal in Brand. Sie erklärten, die Wahl boykottieren zu wollen, bis die Regierung sich ihres Armutsviertels annehme. Am Wahltag selbst bleibt es allerdings ruhig in Südafrika.

Der Vizechef des ANC, Cyril Ramaphosa, lässt sich von der erstarkenden Opposition und der zunehmenden Unzufriedenheit vieler Südafrikaner nicht aus der Ruhe bringen. Auch er wählt an der Hitekani-Grundschule in seiner Heimatstadt Johannesburg. Er ist vom Sieg seiner Partei fest überzeugt. "Ich bin nicht nervös, weil ich großes Vertrauen in unser Volk habe", sagt Ramaphosa bei der Stimmabgabe. "Die Menschen wissen, wer das Land voranbringen kann. Ich kann den Erfolg riechen. Der Sieg ist uns sicher."

Cyril Ramaphosa Foto: DW/A. Lattus
Der Vizechef des ANC: Cyril RamaphosaBild: DW/A. Lattus

Erste Auszählungen deuten auf einen deutlichen Wahlsieg des ANC. Der Regierungspartei werden mehr als 60 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Insbesondere auf dem Land sind die Sympathien für Präsident Jacob Zuma ungebrochen - trotz immer neuer Skandale, wie dem Ausbau seiner Privatresidenz auf Staatskosten. "Zuma macht gute Arbeit. Ich würde mich freuen, wenn er Präsident bleibt", sagt etwa Zanele Nuyuwase, eine Wählerin in dem kleinen Dorf KwaCele an der Ostküste Südafrikas. Im Laufe des Freitags (09.05.2014) soll das offizielle Wahlergebnis verkündet werden.