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Schuldenstopp

Dirk Eckert6. Februar 2009

Ecuador hat verkündet, nicht alle seine Schulden zurückzuzahlen. Beraten wurde das Land unter anderem von der deutschen Initiative erlassjahr.de. Sie will erreichen, dass alle "illegitimen" Schulden gestrichen werden.

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Ecuadorianisches Wappen und Geldscheine (Quelle: DW)
Ecuador prüft genau, welche Schulden zurückgezahlt werdenBild: DW

Ecuador zahlt nicht mehr. Nicht weil das südamerikanische Land zahlungsunfähig wäre – nein, Präsident Rafael Correa hält einen Teil der Auslandsschulden schlicht für illegitim. Insgesamt geht es um Zinszahlungen für Auslandskredite in Höhe von 30,6 Millionen Dollar (knapp 23 Millionen Euro), die am Montag (15.12.2008) fällig geworden wären. Diese seien "nicht rechtens", sagte Correa in einer Ansprache, das Geld werde deshalb nicht gezahlt.

Ein Erfolg der Dritte-Welt-Bewegung

Demonstration von erlassjahr.de (Quelle: dpa)
Seit 1997 demonstriert erlassjahr.de dafür, den armen Ländern die Schulden zu erlassenBild: picture-alliance/dpa

Jürgen Kaiser freut das: "Es ist das erste Mal, dass eine Schuldnerregierung Schulden für illegitim erklärt." Seit Jahren kämpft der 54-Jährige dafür, dass den Ländern der Dritten Welt die Schulden erlassen werden. Kaiser ist Mitarbeiter des deutschen Bündnisses erlassjahr.de, in dem rund 800 Basisgruppen organisiert sind. Dritte-Welt-Läden sind dabei, Solidaritätsgruppen und vor allem viele kirchliche Organisationen wie die Hilfswerke Brot für die Welt und Misereor sowie mehrere Landeskirchen und Bistümer.

"Entwicklung braucht Entschuldung" ist das Motto von erlassjahr.de. 1997 wurde das Bündnis als "Erlassjahr 2000" gegründet. Beim Weltwirtschaftsgipfel 1999 in Köln machte Erlassjahr dann mit einer Menschenkette auf sich aufmerksam. Zehntausende standen Hand in Hand am Rhein und forderten von den versammelten Staats- und Regierungschefs der G 8, den armen Ländern die Schulden zu erlassen.

Erlassjahr als Regierungsberater

Jürgen Kaiser (Quelle: erlassjahr.de)
Setzt sich für den Schuldenstopp ein: Jürgen KaiserBild: erlassjahr.de/presse

Inzwischen demonstriert erlassjahr.de nicht mehr nur auf der Straße. An der Entscheidung in Ecuador war Jürgen Kaiser ganz persönlich beteiligt, als Mitglied der "Nationalen Kommission zur Schuldenprüfung", die der ecuadorianische Präsident Rafael Correa vor einem Jahr eingesetzt hatte und die den Zahlungsstopp empfohlen hat. Als Experte hat sich Kaiser die bilateralen Schulden von Ecuador angeschaut. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass manche Schulden unter dubiosen Umständen zustande kamen.

Deswegen wird Ecuador nun die Zinsen für die Global-Bonds-2012-Staatsanleihen nicht mehr zahlen. Die Anleihen im Wert von knapp drei Milliarden Euro waren unter den Vorgängerregierungen bis zum Jahr 2006 ausgegeben worden. Die Kommission will Unregelmäßigkeiten bei der Umschuldung der Anleihen festgestellt haben. Für zu hoch befunden wurde auch die Forderung von 230 Millionen Euro, die Brasilien für den Bau des San-Francisco-Staudamms gewährt hatte.

Investitionen in Gefahr

Rafael Correa (Quelle: AP)
Ecuadors linker Präsident Rafael CorreaBild: AP

Ecuador fordert nun Neuverhandlungen über die Höhe dieser Schulden. Auf den Finanzmärkten wird der Zahlungsstopp allerdings mit Sorge beobachtet. "Das ist für zukünftige Investitionen in Ecuador nicht günstig", warnt Maria Laura Lanzeni, Volkswirtin bei der Deutschen Bank, "und Ecuador braucht langfristige Investitionen". Die Ratingagentur Fitch hat Ecuador längst mit "CCC" eingestuft, der schlechtesten Bewertung.

Rafael Correa ist sich des Risikos bewusst: Er warnte sogar vor "Klagen, Prozessen und Embargos" gegen sein Land. Wenn die Kosten zu hoch würden, könnten die Wähler ihn abwählen, sagte er. Auch Jürgen Kaiser weiß, dass das Ansehen von Ecuador als Schuldner auf den internationalen Finanzmärkten jetzt auf dem Tiefpunkt ist. "Das ist der Preis, den Ecuador dafür zahlt, dass es eine Pionierfunktion für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe übernimmt", sagt er.

Zur Nachahmung empfohlen

Kaiser hofft, dass Ecuador nicht alleine bleibt. Er empfiehlt jedem Land zu prüfen, unter welchen Umständen Kredite aufgenommen wurden. Für Schulden, die etwa von korrupten Potentaten gemacht wurden, darf nach Ansicht der Erlassjahr-Kampagne nicht die Bevölkerung haften müssen. "Wir müssen Abschied nehmen von dem Dogma, dass jeder Kredit ein legitimer Kredit ist", sagt Kaiser.