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Mikro-Versicherungen

16. Dezember 2009

Bei den Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen wird über viele Dinge gestritten – und um Milliarden an Geldern gefeilscht. Viele sinnvolle Dinge können da schon mal untergehen in dem gigantischen Konferenzgetümmel.

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Zerstörte Häuser nach einem Hurrican auf Kuba (Foto: DPA)
Schäden nach einem Hurrican - eine Versicherung könnte helfenBild: dpa

Die Münchner Rück - oder Munich Re, wie man sich seit neuestem nennt - ist der Versicherer der Versicherer. Sie wird aktiv, wenn die Schäden ganz besonders groß sind. Das ist zumeist der Fall nach Naturkatastrophen. Seit vielen Jahren beobachtet das Münchner Unternehmen die Entwicklung mit Sorge. Stürme werden heftiger, Hochwasser kommen häufiger - und die Schadenssummen steigen. In vielen Fällen wirkt der Klimawandel wie ein Katalysator. Seit drei Jahrzehnten schon führt man bei der Munich Re penibel Statistik über Schäden und ihre Ursachen - der Trend zeigt eindeutig nach oben.

"Wir müssen etwas tun!"

Peter Höppe, Leiter der GeoRisikoForschung bei Munich Re (Foto: Munich Re)
Hatte die Idee: Peter HöppeBild: Munich Re

Das belastet zum einen die Bilanz des Unternehmens - zum anderen treibt Peter Höppe, den Chef der Geo-Risikoforschung der Münchner Rück, auch etwas anderes um - nämlich Verantwortung. Denn man kenne die Zahlen, sagt Höppe im Gespräch mit DW-WORLD.DE - und man wisse, wie dramatisch Naturkatastrophen mittlerweile ablaufen. "Wir wissen, dass wir etwas tun müssen." Vor allem denjenigen müssen geholfen werden, die am meisten darunter leiden - und das seien Menschen in den Entwicklungsländern. "Hier steht nicht das Geschäft im Vordergrund, sondern es ist wirklich unsere Verantwortung, die wir aus unserem Wissen ableiten - und das möchten wir jetzt umsetzen."

Weltkarte der Naturgefahren Quelle: Münchner Rück (Grafik: DW-Grafik, Quelle: Münchner Rück)

Schadens-Versicherungen für arme Menschen

Das Ergebnis sind sogenannte Mikro-Versicherungen. Der Vorschlag dazu liegt hier in Kopenhagen mit auf dem Verhandlungstisch - und er dürfte einer der eher unstrittigen Punkte in den Abschluss-Dokumenten sein. Denn die Sache ist vergleichsweise preiswert: Gerade mal drei Milliarden Dollar müssten jährlich als Versicherungsprämien in einen Pool fließen. Das Geld käme aus einem Anpassungsfonds, den die Industrieländer bereits angelegt haben, um den armen Ländern die Möglichkeit zu geben, etwas gegen die Folgen des Klimawandels zu tun. Das kann sehr einfach sein: Für kleines Geld könnte etwa ein Fischer im Senegal sein Boot gegen Sturmschäden versichern. Wenn es nach dem Plan der "Munich Climate Insurance Initiative" geht, würde das Ganze über die betroffenen Länder organisiert. Diese Länder müssten gewisse Kriterien erfüllen, erläutert Höppe - zum einen müssen sie ein Entwicklungsland sein mit einem bestimmten Bruttoinlandsprodukt, zum anderen auch bei den Präventions-Maßnahmen aktiv werden. "Wenn sie diese Bedingungen erfüllen, dann bekommen die Länder nach Naturkatastrophen eine Entschädigung in Form von Geld, das sie dann verteilen können - zum Beispiel an den Fischer, um wieder ein neues Boot zu kaufen."

Sinnvolles Instrument

Achim Steiner, Chef des UN-Umweltprogramms UNEP (Foto: DPA)
Findet den Plan gut: Achim SteinerBild: picture-alliance / dpa

Solche kleinen Dinge sind es, die den Menschen in den Entwicklungsländern helfen könnten, sich an den Klimawandel anzupassen. Ein ganz ähnliches Projekt hatte unlängst auch Achim Steiner angestoßen, der Chef des UN-Umweltprogramms UNEP. Dabei ging es um das Sammeln von Regenwasser mit einfachster Technik. Hilfreich, genau wie die Sache mit den Versicherungen, meint Steiner. Denn bei Klimaverhandlungen wie hier in Kopenhagen stünden zu oft die großen Industriestaaten im Fokus, weniger aber die Milliarden Armen dieser Welt. Doch auch die hätten berechtigte wirtschaftliche Interessen - und würden zudem durch Entwaldung einen nicht unbeträchtlichen Teil zur Emission von Treibhausgasen beitragen. "Und gerade für einige der Programme, die jetzt hier diskutiert werden, wird ein Instrument wie Versicherung eine wichtige Rolle spielen."

In den Startlöchern

Die Munich Re betreibt ihr Versicherungsprojekt übrigens nicht allein - sie hat sich verschiedene Partner mit ins Boot geholt: Klimaforscher, Umweltschützer, Akademiker. Was jetzt noch fehlt, ist das "Okay" der Klimakonferenz. Dann könnte man vergleichsweise schnell beginnen, das Projekt konkret umzusetzen. Das werde die Aufgabe der nächsten ein, zwei Jahre sein, schätzt Peter Höppe. "Und da bieten wir uns als Experten an, um da mitzuarbeiten." Man wolle helfen, die Details auszuarbeiten, "wie man das organisiert, wie man das verwaltet, ob es eine neue Einheit geben muss unter dem Dach der Vereinten Nationen, die dann dieses ganze System managt."

Die Vereinten Nationen als Versicherungsmakler - das allerdings möchte man sich lieber nicht vorstellen. Die festgefahrenen Verhandlungen in Kopenhagen wirken da als abschreckendes Beispiel.

Autor: Henrik Böhme, z.Zt. Kopenhagen

Redaktion: Rolf Wenkel