1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auslieferung gestoppt

10. Oktober 2007

Es gilt als eine wegweisende Entscheidung für die zukünftige Behandlung von Guantanamo-Häftlingen: Ein tunesischer Gefangener wird nicht in seine Heimat abgeschoben, da ihm dort Folter droht.

https://p.dw.com/p/BodE
Ein weißgekleideter Häftling sitzt mit angezogenem Knie hinter einem Maschendrahtzaun, man blickt auf seinen Rücken. Quelle: AP
Wichtige Entscheidung auch für andere Guantanamo-Häftlinge?Bild: AP

In den USA hat eine Bundesrichterin die Auslieferung eines Guantanamo-Häftlings in dessen Heimat Tunesien gestoppt, da ihm dort Folter droht. Die Richterin Gladys Kessler erklärte in ihrem Urteil vom 2. Oktober, das bislang unter Verschluss gehalten wurde, bei der vom US-Verteidigungsministerium geplanten Abschiebung drohe Rahman Folter, "verheerender und irreparabler Schaden".

Der Anwalt des herzkranken tunesischen Häftlings, Joshua Denbeaux, sprach von einer beispiellosen direkten Intervention im Fall eines Guantanamo-Insassen. "Das ist das erste Mal, das die Justiz einem Häftling ein substanzielles Recht gibt - in diesem Fall das Recht, nicht von der tunesischen Regierung gefoltert zu werden", sagte der Anwalt. Rahman wurde in Tunesien, aufgrund von Terrorismus Beschuldigungen, bereits zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt – in Abwesenheit.

Eine wegweisende Entscheidung

Hinter einem hohen Zaun, der oben durch Stacheldraht gesichert ist, läuft ein weißgekleideter Häftling an einem flachen Gebäude vorbei. Quelle: AP
Noch rund 330 Häftlinge sitzen im Gefangenenlager GuantanamoBild: AP

Der Gerichtsentscheid gilt als juristischer Meilenstein für die Behandlung der Insassen von Guantanamo. Rahman gehörte zu einer signifikanten Gruppe von Häftlingen, die lieber in amerikanischer Haft bleiben wollen, statt nach Hause zu einem oftmals brutalen Regime zurückzukehren. Die "Washington Post" schreibt, dass einige Tunesier, die bereits von Guantanamo aus nach Hause geschickt wurden, über ihre Anwälte von Missbrauch und Folter berichtet hätten. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch begrüßte das Urteil und sprach von einer wegweisenden Entscheidung. Der Organisation zufolge seien rund 50 Häftlinge im Falle einer Abschiebung von Folter bedroht.

Garantien für eine gute Behandlung

In dem Gefangenenlager Guantanamo sitzen rund 330 Männer, denen Verbindungen zum islamistischen Terrornetzwerk Al Kaida oder zur Taliban nachgesagt werden. Die als "feindliche Kombattanten" eingestuften Häftlinge werden von der US-Regierung unbefristet festgehalten und müssen sich vor der Militärgerichtsbarkeit verantworten. In vielen Fällen der fast 450 Guantanamo-Häftlinge, die bereits an ihre Heimatländer ausgeliefert wurden, habe die US-Regierung sich Garantien für eine ordentliche Behandlung geben lassen, berichtet die "Washington Post" und beruft sich auf US-Beamte.

Auf unbegrenzte Zeit inhaftiert?

Hohe US-Beamte haben den Wunsch geäußert, Guantanamo zu schließen, aber die Versuche die Terrorismus-Verdächtigen vor Gericht zu stellen, werden durch juristische Probleme mit den geplanten Militärtribunalen verzögert. Die USA streben danach, viele der Häftlinge in ihre Heimatländer zu schicken, doch häufig lehnen die Regierungen dort es ab, die Gefangenen aufzunehmen.

Ob die Gefangenen jetzt auf unbestimmt Zeit im Lager bleiben ist unklar. Der oberste Gerichtshof muss noch über einen Antrag entscheiden, der den Gefangenen das Recht einräumen würde, vor einem Zivilgericht gegen die unbegrenzte Haft zu klagen. Frühere Gerichtsbeschlüsse wurden bisher stets durch neue Anti-Terror-Gesetze aufgehoben. Bundesrichterin Kessler wies darauf hin, dass ihr jetziger Entscheid solange gültig sein müsse, bis der Supreme Court zu einem endgültigen Urteil gelangen werde. (elo)