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Das Wort "Entführung" fällt schwer

27. Mai 2016

Seit einer Woche wird eine spanische Journalistin in Kolumbien vermisst. Kurz darauf verschwanden zwei kolumbianische Journalisten, die darüber berichteten. Jetzt sagt die Regierung, die Rebellengruppe ELN sei schuld.

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Eine Frau mit einem Demoplakat (Foto: AFP)
In Kolumbiens Hauptstadt Bogotá protestieren Menschen für die Freilassung der JournalistinBild: Getty Images/AFP/G. Legaria

Die ganze Woche über hat die kolumbianische Regierung das Wort "Entführung" vermieden. Auch Verteidigungsminister Luis Carlos Villegas benutzte das Wort nicht. Trotzdem sagte er nun, dass sich die spanische Journalistin Salud Hernández-Mora und zwei kolumbianische Journalisten in der Gewalt der Rebellengruppe ELN befänden. "Die Verantwortung für die Sicherheit und Freiheit der Journalisten liegt ausschließlich in den Händen der ELN", so Villegas.

Hernández-Mora arbeitet als Korrespondentin für die spanische Zeitung "El Mundo" und schreibt für die größte kolumbianische Zeitung "El Tiempo". Sie ist für ihre kritischen Kolumnen über die Regierung, die Rebellen und den Friedensprozess bekannt. Hernández-Mora hatte in der Konfliktregion Catatumbo nahe der Grenze zu Venezuela recherchiert. Seit Samstag ist sie verschwunden. Berichten zufolge wurde sie zuletzt gesehen, als sie ein Motorrad-Taxi nahm.

Die Journalistin Salud Hernández-Mora (Foto: ZUMA Press)
Die Journalistin Salud Hernández-MoraBild: Imago/ZUMA Press

Entführung oder freiwillig dort?

Noch am Mittwoch hielt es Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos für möglich, dass Hernández-Mora freiwillig in dem Rebellengebiet ist. Dem Direktor ihrer kolumbianischen Zeitung hätte sie mitgeteilt, dass sie wegen einer Recherche in einer Gegend ohne Handysignal für einige Tage nicht erreichbar sei.

Die Region im Nordosten Kolumbiens gehört zu den ärmsten des Landes. Sie ist ein Anbaugebiet für die Kokapflanze, aus der Kokain hergestellt wird. Das wird über Schmugglerpfade nach Venezuela gebracht.

Kurz nach Hernández-Mora galten auch der Reporter Diego D'Pablos und Kameramann Carlos Melo des kolumbianischen Fernsehsenders RCN als vermisst. Berichte der Nachrichtenagenturen widersprechen sich, ob die beiden Journalisten am Montag oder Dienstag verschwanden. Sie hielten sich in demselben Gebiet auf, um über die spanische Journalistin zu berichten.

Inzwischen verstärkte Präsident Santos die Truppen und schickte Führungskräfte der Armee und der nationalen Polizei in die Region. Es sei oberste Priorität der Regierung, die Journalisten zu finden.

Friedensgespräche ausgesetzt

Die linksgerichtete Nationale Befreiungsarmee (ELN) hat sich bisher nicht geäußert. Seit März streben die ELN und die Regierung Friedensverhandlungen an. Die Gespräche würden erst fortgesetzt, wenn die drei Journalisten frei seien, teilte die Regierung mir.

Ein Flugblatt (Foto: AFP)
Behörden bieten 100.000 Pesos - zirka 30 Euro - für Infos zum Aufenthaltsort von Salud Hernández-MoraBild: Gobernación Norte de Santander

Der Krieg zwischen Guerillagruppen, der Armee und rechtsextremen Paramilitärs in Kolumbien dauert seit den 1960er Jahren an. Auslöser waren Landkonflikte und extreme soziale Ungerechtigkeit. Die ELN wurde 1964 von Studenten, katholischen Radikalen und linken Intellektuellen aus Protest gegen die Armut der Kleinbauern gegründet. Rund 340.000 Menschen starben in dem Konflikt, 80 Prozent davon Zivilisten. Millionen Kolumbianer wurden aus ihren Dörfern vertrieben. Entführungen waren ein wichtiges Mittel der Aufständischen, um Geld zu erpressen und Forderungen durchzusetzen. Heute ist die ELN ist mit ihren 1500 bis 2000 Guerillakämpfern zersplittert.

ust/sti (dap, rtre, epd, afpe, ape, kna)