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"Gut organisiertes Referendum im Sudan"

17. Januar 2011

Bei der Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan waren zahlreiche internationale Wahlbeobachter anwesend. Darunter auch Josef Sayer vom katholischen Hilfswerk Misereor. DW-WORLD.DE hat mit ihm gesprochen.

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Vor einer Wahlstation im Südsudan (Foto: dpa)
Vor einer Wahlstation im SüdsudanBild: picture alliance/dpa

DW.WORLD.DE: Herr Sayer, denken Sie, dass das Referendum nach internationalen Standards abgelaufen ist?

JOSEF SAYER: Was ich und meine Kollegen als Wahlbeobachter sehen konnten, ist, dass der Wahlakt nach wirklich internationalen Standards ablief. Ich habe selten so einen gut organisierten Wahlablauf gesehen wie gerade im Südsudan. Es war unglaublich, ich bin dort hingegangen und habe gedacht: werden die das überhaupt schaffen? Wenn sie so wenig Zeit haben für Vorbereitungen; wenn sie am 11. November letzten Jahres erst begonnen haben? Kann man das schaffen in einem Land, wo so wenig Infrastruktur vorhanden ist? Wir waren alle berührt von der hervorragenden Organisation, von der wirklich guten Disziplin, die da herrschte. Wie die Verantwortlichen in den einzelnen Wahllokalen die Menschen aufgeklärt haben. Wie Behinderte, alte Menschen, Blinde, von ihnen eingeführt wurden. Es war wunderbar zu beobachten.

Was haben Sie von Ihren Kollegen, die die Abstimmung im Norden beobachtet haben, gehört? Dort durften ja Südsudanesen ebenfalls abstimmen. Wie war Wahlbeteiligung und Stimmung dort?

Die Wahlbeteiligung im Norden war minimal. Im Unterschied zum Süden. Dort gab es lange Schlangen vor den Wahllokalen. Das war ein Prozess, der im Gang war. Wir haben jeweils nachgefragt, wie viele Wähler sie registriert haben. Es war wunderbar, das mitzubekommen. Vier unserer Kollegen hatten die Möglichkeit die Abstimmung im Norden zu beobachten. Sie haben gesagt, nur einzelne seien gekommen, es waren nur ganz wenige. Es war eine verhaltene Stimmung, eine gedrückte Stimmung. Die Unsicherheit, was wird eigentlich mit unseren Stimmen geschehen? Werden wir beobachtet? Was hat das für Folgen? Es war äußerst schwierig. Und viele aus dem Norden sind in den Süden gekommen. Ich habe Leute fotografiert, die mit dem Schiff den Nil hoch gekommen sind, um ihre Stimme abzugeben. Ich habe auch viele Leute aus dem Ausland gesprochen. Aus Uganda, aus Kenia, bis aus den USA und aus Australien sind sie gekommen, weil sie gesagt haben, hier geht es um unsere Freiheit. Wir müssen unseren eigenen Staat aufbauen, den ersten wirklich afrikanischen Staat.

Haben die Menschen gar keine Angst, dass der Norden noch versuchen könnte, in irgendeiner Form das Referendum für ungültig erklären zu lassen und damit die Unabhängigkeit zu verhindern?

Also Angst habe ich nicht gespürt. Ich habe eine gewisse Sorge gespürt. Aber das internationale Echo war so stark, im Fernsehen, im Radio, in den Printmedien. Und auch, dass herausragende Leute wie Jimmy Carter und Kofi Annan anwesend waren und dass Obama nicht nur einen Sonderbotschafter hatte, sondern US-Senator John Kerry gesandt hat – das sind Wegmarken, die helfen. Und dass vor allem die afrikanischen Länder den Prozess so eindeutig unterstützen – das gibt den Menschen Zuversicht und Mut.

Das Gespräch führte Daniel Pelz

Redaktion: Katrin Ogunsade