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Gutachten: "Keine psychische Störung"

Thuso Khumalo, Philipp Sandner30. Juni 2014

Keine Entlastung für den Angeklagten: Eine Expertenkommission kann im Mordfall gegen den südafrikanischen Paralympics-Star Oscar Pistorius keine psychische Störung feststellen. Die Verteidigung bringt weitere Zeugen vor.

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Nahaufnahme von Oscar Pistorius durch die Scheibe seines Autos vor dem Eingang ins Westkoppies Hospital, 26.05.2014 (Foto: picture-alliance/dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

Knapp 30 Tage musste er sich psychiatrischen Untersuchungen unterziehen. Nun wird das Verfahren gegen ihn wieder aufgenommen: Seit Montag (30.06.2014) steht Südafrikas Sprintstar Oscar Pistorius wieder in der Hauptstadt Pretoria vor Gericht. Der Vorwurf: Er soll am 14. Februar 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp im eigenen Haus mutwillig erschossen haben.

Das Gericht hatte im Mai die Persönlichkeitstests angeordnet, um festzustellen, ob Pistorius zum Zeitpunkt der Tat schuldfähig war. Zuvor hatte die forensische Psychologin Merryl Vorster als Zeugin der Verteidigung ausgesagt, dass Pistorius unter Angststörungen leide.

Gutachter: Voll schuldfähig

Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen am Montag präsentierte Staatsanwalt Gerrie Nel die Ergebnisse der Untersuchungen. "Der Angeklagte litt zum Zeitpunkt der Tat weder unter einer psychischen Störung", zitierte er aus dem psychiatrischen Gutachten, "noch litt er unter einer anderen mentalen Einschränkung, die seine Fähigkeit hätte belasten können, zwischen Recht und Unrecht seiner Handlungen zu unterscheiden."

Staatsanwalt Gerrie Nel beim Oscar-Pistorius-Prozess in Pretoria am 10.04.2014 (Foto: Reuters).
Staatsanwalt Gerrie NelBild: Reuters

Zu einem ähnlichen Schluss kam das Gutachten eines Psychologen. "Herr Pistorius war in der Lage, die Unrechtmäßigkeit seiner Tat zu erkennen", hieß es dort. Anklage und Verteidigung akzeptierten grundsätzlich die Ergebnisse. Verteidiger Barry Roux betonte aber, die Gutachten vor einer endgültigen Stellungnahme gründlich prüfen zu wollen.

Angst vor Eindringlingen

Seit dem Prozessauftakt im März versucht das Gericht, die Ereignisse der Nacht vom 14. Februar 2013 zu entschlüsseln, die zum Tod der 29-jährigen Reeva Steenkamp, der Lebensgefährtin von Pistorius, führten. Pistorius hatte zwar gestanden, die tödlichen Schüsse durch die Badezimmertür seiner Wohnung in Pretoria abgefeuert zu haben. Die Schüsse hätten aber nicht seiner Freundin gegolten. Er beteuert, im Badezimmer statt Steenkamp einen Eindringling vermutet zu haben.

Die Aussage von Pistorius' Psychologin Vorster, dass dieser unter generalisierten Angststörungen leide, könne daher durchaus noch einmal eine Rolle spielen, sagt die südafrikanische Psychologin und Prozessbeobachterin Dorianne Weil. "Pistorius war vorbelastet", sagt sie im Gespräch mit der DW: "Er war übermäßig wachsam und hat die Welt möglicherweise als eine feindliche Umgebung gesehen." Wegen seiner Vorgeschichte und seinen Erfahrungen sei es denkbar, dass er übermäßig schnell von einem Geräusch auf einen Einbrecher schließe.

Der Eingang des "Weskoppies Hospital" (Foto: picture-alliance/dpa).
Vier Wochen wurde Pistorius psychiatrisch untersucht.Bild: picture-alliance/dpa

Die Vorgeschichte des Sprintstars führte am Montag einmal mehr die Verteidigung ins Feld: Anwalt Barry Roux rief den orthopädischen Chirurgen Gerald Versfeld in den Zeugenstand. Er hatte vor Jahrzehnten die verkümmerten Unterschenkel des damals elf Monate alten Oscar Pistorius amputiert. Vor Gericht sagte Versfeld aus, wie die Operation das Gleichgewicht des Kindes gestört habe.