1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gute Freunde stehen zusammen

Nils Naumann1. April 2012

Israel droht mit einem Militärschlag gegen das iranische Militärprogramm. Die deutsche Regierung warnt vor einem Angriff. Doch könnte sich Deutschland im Kriegsfall wirklich raushalten?

https://p.dw.com/p/14W4e
Die deutsche (r) und die israelische (l) Nationalflagge wehen am Montag (25.01.2010) vor dem Brandenburger Tor in Berlin im Wind. Israels Staatspräsident Schimon Peres kommt zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Berlin. Foto: Robert Schlesinger dpa/lbn
Symbolbild Deutschland Israel FlaggenBild: picture alliance / dpa

Israel hat nur wenige wirklich gute Freunde. "Deutschland", sagt der israelische Journalist Gad Lior, "ist einer davon". Doch Freundschaft bedeutet auch Verpflichtung. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist das durchaus bewußt.

Als Merkel vor rund vier Jahren vor dem israelischen Parlament sprach, bekräftigte sie die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber dem jüdischen Staat. Das Existenzrecht Israels ist auch für Merkel Teil der deutschen Staatsräson.

Und so wissen die Israelis, dass sie auf die Deutschen bauen können. "Sollte es zu einem Krieg mit dem Iran kommen", sagt Gad Lior, der das Jerusalemer Büro von Israels größter Tageszeitung Yedioth Ahronoth leitet, "dann ist man sich hier ganz sicher, dass Deutschland an der Seite von Israel stehen wird".

Deutschlands begrenzter politischer Einfluss

Noch aber warnt die deutsche Politik vor einem Angriff auf die iranischen Militäranlagen. "Das Gebot der Stunde", sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière Mitte März beim Besuch seines israelischen Amtskollegen Ehud Barak in Berlin, "sind scharfe Sanktionen und harte Verhandlungen". Eine militärische Eskalation, so de Maizière damals, brächte "nicht kalkulierbare Risiken".

Avi Primor, Leiter Institut für Europastudien an der Universität Herzliya (Israel), ehem. israelischer Botschafter in Deutschland (Foto: dpa)
Avi Primor, ehem. israelischer Botschafter und Leiter des Instituts für EuropastudienBild: picture-alliance/dpa

Doch die deutschen Warnungen finden in Israel nur wenig Gehör: "Man betrachtet Deutschland zwar als den besten Freund nach den USA", sagt Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter in der Bundesrepublik, "aber man schenkt Deutschland nicht viel Gewicht in den Nahostangelegenheiten".

Die israelische Politik, betont Primor, sei weder von Deutschland noch von Europa beeinflusst. "Was für die israelische Regierung wirklich zählt, ist Amerika und sonst nichts." Deswegen könne sich Israel ohne eine amerikanische Genehmigung einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen nicht leisten.

Israels Erwartungen an Deutschland

Trotzdem erwartet Israel Unterstützung von den Deutschen. "Vor allem", sagt Primor, "mehr Druck auf den Iran, strengere Sanktionen, die den Iran wirklich in die Knie zwingen können". Und natürlich, auch wenn das niemand so deutlich sage, dass sich Deutschland nicht gegen einen möglichen israelischen Angriff auf den Iran stelle.

Sollte es tatsächlich zu einem Krieg kommen, glaubt der Journalist Gad Lior, könne "Deutschland nicht neutral bleiben". Dann müsste Angela Merkel ihr vor dem israelischen Parlament gegebenes Beistandsversprechen einlösen.

Deutschland könnte Israel zum Beispiel beim Schutz der Zivilbevölkerung vor iranischen Raketenangriffen helfen. Bereits 1991, im ersten Golfkrieg, hatte Deutschland Patriot-Flugabwehrraketen in Israel stationiert. Damals hatte Saddam Hussein Israel mit Raketen attackiert. 

Ein in Deutschland gebautes U-Boot der israelischen Marine (Foto: dpa)
Atomwaffentauglich: Ein in Deutschland gebautes U-Boot der israelischen MarineBild: picture-alliance/dpa

Schon jetzt liefert Deutschland Waffen, zum Beispiel U-Boote für die israelische Marine. Mitte März wurde bekannt, dass die Israelis ein sechstes Boot erhalten werden. Deutschland trägt dabei rund ein Drittel der Kosten. Die Boote sind Teil der Abschreckungsstrategie Israels. Nach Expertenangaben können sie auch mit atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen ausgestattet werden. Zwar hat Israel nie bestätigt, dass es Atomwaffen besitzt. Allgemein wird aber davon ausgegangen.

Zwischen Säbelrasseln und realer Kriegsgefahr

Doch wie groß ist die Gefahr eines neuen Krieges im Nahen Osten wirklich? Im November ist in den USA Präsidentschaftswahl. Bis dahin, so glaubt Avi Primor, werde die US-Regierung kein grünes Licht für einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen geben. US-Präsident Obama könne sich einen weiteren Kriegsschauplatz nicht leisten.

Irans Shahab-3 Raketen könnten Israel erreichen.
Irans Shahab-3 Raketen könnten Israel erreichen.Bild: picture-alliance/dpa

Ohne Zustimmung der USA werde es vorerst keinen Angriff Israels auf Iran geben. Ohnehin sei die Mehrheit der Israelis noch immer skeptisch gegenüber einem Militärschlag. Viele Persönlichkeiten aus dem Sicherheitsbereich würden sich widersetzen.

Auch Gad Lior glaubt nicht an eine unmittelbare Kriegsgefahr. Die Äußerungen israelischer Politiker seien Drohungen. "Man will den Iranern Angst machen. Ein Krieg würde beiden Seiten nur schaden." Avi Primor hält das Säbelrasseln der israelischen Politiker "für ein Mittel, um Europa und Amerika zu mehr Tätigkeit in dieser Sache zu drängen".

Ohnehin würde ein Militärschlag das iranische Atomprogramm nach Meinung der meisten Experten nur aufhalten, aber nicht dauerhaft stoppen. Avi Primor plädiert deswegen dafür, die iranische Opposition zu unterstützen und einen Regimewechsel in Teheran anzustreben: "Das Problem sind nicht die Atomwaffen, sondern in wessen Händen sie sich befinden. In den Händen einer demokratischen oder zumindest weltoffeneren Regierung wären diese Waffen nicht mehr gefährlich."