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Fairer Kaffee

23. September 2010

Fair gehandelter Kaffee bedeutet gerechte Bezahlung der Bauern. Doch fairer Umgang muss nicht im Kaffeesack enden. Die Hamburger Kaffeerösterei "Torrefaktum" geht weiter und bietet auch behinderten Menschen eine Chance.

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Schild an der Hauswand der Kaffeerösterei Torrefaktum in Hamburg-Ottensen (Foto: DW/Janine Albrecht)
Faire RöstereiBild: DW

Es riecht nach Kaffee, nach frisch geröstetem Kaffee. Der Duft erfüllt den Raum mit einer angenehmen Wärme. An den niedrigen Holztischen sitzen einige Gäste auf der langen Holzbank, andere auf gemütlichen, zu Sitzkissen umfunktionierten, Kaffeesäcken.

Blick in das Café der Kaffeerösterei Torrefaktum in Hamburg-Ottensen (Foto: DW/Janine Albrecht)
Faires CaféBild: DW

Schlicht und stilvoll ist sie eingerichtet, die Kaffeerösterei "Torrefaktum" im Hamburger Szeneviertel Ottensen. Gleich beim Betreten fällt der Blick auf die große Röstmaschine, die im hinteren Bereich des Ladenlokals steht.

Hinter einem kleinen runden Fensterchen in der silbern glänzenden Trommel tanzen die noch grünen Kaffee-Bohnen. Sie werden gerade bei etwa 180 Grad geröstet. Katja Nicklaus schaut sich die Bohnen immer wieder an und hört genau hin.

Die Rösterin Katja Nicklaus kontrolliert, wie die Bohnen aussehen (Foto: DW/Janine Albrecht)
Katja Nicklaus kontrolliert die BohnenBild: DW

"Denn der Kaffee knackt oder crackt und nach dem ersten Crack geht es um Sekunden, dann müssen wir Röster entscheiden, wann er raus muss", sagt Nicklaus. Leise ist bereits ein erstes Knacken zu hören. Doch ein paar Minuten wird es noch dauern, bis dieser Kaffee aus Äthiopien fertig ist. "Dieser Kaffee heißt Yirgacheffe und ist eine exzellente Qualität. Er wird sowohl als Filterkaffee aber auch als Espressi getrunken", erklärt Nicklaus. Und während sie die Bohnen noch röstet, wird an der Theke bereits Kaffee bestellt.

Gäste wollen fair gehandelten Kaffee

Es ist Mittagszeit, also Hochbetrieb in der Kaffeerösterei Torrefaktum. Dass es hier fair gehandelten Kaffee gibt, wissen die meisten Gäste. Genau deshalb trinken sie hier ihren Kaffee: "Ich habe ein gutes Gefühl dabei", sagt eine Frau. Sie wohne gleich um die Ecke und kaufe hier auch ihren Kaffee für zu Hause. "Das Gewissen trinkt ein bisschen mit", sagt auch ein Mann. Dann schmecke es gleich viel besser. An der Holztheke lehnt ein Herr in Anzug. "Ich kann es mir leisten und daher möchte ich gerne ein bisschen mehr ausgeben, damit das Geld dann dort ankommt, wo es gebraucht wird", sagt er. "Wenn man damit Arbeitsplätze in der dritten Welt schaffen kann, ist das eine gute Sache", stimmt ein anderer Gast zu. Dabei wissen viele Stammgäste auch, dass diese Kaffeerösterei behinderten Menschen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt bietet.

Fair vom Einkauf bis Verkauf

Die Sekretärin Maren Rieck im Büro der Kaffeerösterei Torrefaktum in Hamburg-Ottensen (Foto: DW/Janine Albrecht)
Maren Rieck im Büro der Kaffeerösterei TorrefaktumBild: DW

Torrefaktum ist Hamburgs erste integrative Kaffeerösterei. Gegründet wurde sie im Jahr 2009 von der Fortbildungsakademie der Wirtschaft, erklärt die stellvertretende Projektleiterin Antje Sindermann. "Ziel dieses Projektes ist es, schwerbehinderte Mitarbeiter wieder in den Beruf zu integrieren", sagt Sindermann. Und auch Menschen, die nach langer Krankheit behindert sind, bekommen hier die Chance, wieder einen beruflichen Einstieg zu finden. So auch Maren Rieck, die nach einem Herzinfarkt zu 50 Prozent behindert ist. "Ich habe schon unzählige Bewerbungen geschrieben, aber mit 55 ist man für den normalen Arbeitsmarkt raus. Ich habe alles versucht, gemacht, getan - und es wurde nichts", sagt Rieck. Sie habe sich selbst schon nichts mehr zugetraut. Jetzt arbeitet sie hier als Sekretärin.

"Bestellung mit Händen und Füßen“

Zhanna Gielnik, gehörlose Bedienung an der Espressomaschine in der Kaffeerösterei Torrefaktum (Foto: DW/Janine Albrecht)
Zhanna Gielnik an der EspressomaschineBild: DW

An der Espresso-Maschine steht Zhanna Gielnik und schäumt die Milch für einen Latte Macchiato auf. Sie ist gehörlos. Das merkt der junge Mann, der gerade seinen Kaffee bezahlen möchte, nicht gleich. Als er noch eine Frage stellt, reagiert Gielnik nicht. Sie hat es nicht mitbekommen, da sie ihn gerade nicht angesehen hat. Als er begreift, dass sie gehörlos ist, wirkt er etwas unsicher. Er bezahlt und geht, ohne seine Frage erneut zu stellen. Doch diese Reaktion scheint eine Ausnahme zu sein. Bei den meisten Gästen ist Gielnik sehr beliebt:

"Ich finde gut, dass sie hier arbeiten kann und ich habe das auch beobachtet, wie sie mit den Kunden kommuniziert", sagt diese Stammkundin. "Wir haben unsere Getränke durchnummeriert, damit Frau Gielnik es einfacher hat, die Bestellung entgegenzunehmen. Meist geht das auch mit Händen und Füßen", sagt Sindermann. "Ich bin stolz" schreibt Gielnik auf ein Blatt Papier, dabei strahlt sie. Fair handeln – das endet in der Kaffeerösterei Torrefaktum nicht im Kaffeesack.

Autorin: Janine Albrecht
Redaktion: Hartmut Lüning