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Gutgelaunt und schwerelos

Judith Hartl5. Juni 2014

Seit Ende Mai befindet sich der deutsche Astronaut auf der Internationalen Raumstation. In einer Videokonferenz mit Journalisten verriet er jetzt, dass er sich auf die WM freut und Cappuccino aus Beuteln trinkt.

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Pressekonferenz mit Alexander Gerst (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Medienandrang ist enorm an diesem Nachmittag. Übertragungswagen stehen vor dem Europäischen Astronautenzentrum in Köln, drinnen aufgereiht die Kameras, Journalisten laufen aufgeregt herum. Aber anders als bei politischen Terminen dürfen sich die Pressevertreter hier freuen und sogar klatschen, als die Live-Übertragung aus der Internationalen Raumstation ISS pünktlich funktioniert und Alexander Gerst auf dem Bildschirm erscheint.

Kritische Fragen? Sonst immer, heute nicht. Heute wird mit dem deutschen Astronauten gelacht, wenn er Salto schlagend, mit Mikrofon in der Hand erzählt, wie wunderschön dort oben doch alles ist und wie wunderbar der Blick auf die kleine, blaue und verletzliche Erde ist. Das hat Gerst zwar schon unendlich oft gesagt, aber man hört es immer wieder gerne. Fast scheint es so, als wolle Alexander Gerst diese Mission, die den Namen "Blue Dot" trägt, dazu nutzen, den Menschen immer und immer wieder zuzurufen - passt auf unseren Planeten auf, wir haben nur einen davon!

Eine Woche ist der deutsche Astronaut jetzt auf der ISS. Er hat sich eingelebt, verrät er während der 20-minütigen Live-Übertragung, er schlafe jetzt auch besser, seit "drei Tagen wie zu Hause". An die Schwerelosigkeit hat er sich gewöhnt. Sie mache manches leichter, manches schwerer. So sei es toll "200 Kilogramm einfach so mit dem kleinen Finger zu verschieben". Nicht so gut findet er es, seinen Cappuccino aus einem Plastikbeutel trinken zu müssen. Lachen. Dabei hängt Alexander Gerst zur Abwechslung kopfüber an einer Stange.

Schuhe trägt er übrigens keine. Blütenweiße Socken und ein ebenso blütenweißes Poloshirt. Gut gebügelt und khakifarbene Cargohose. Wer sich um die Wäsche kümmert? Diese Frage wurde nicht gestellt - dafür die nach Fußball. Ob er die WM in Brasilien verfolgt? "Natürlich! Wir freuen uns drauf", versichert er. Man habe bereits eine Anfrage gestellt, um alle Spiele der USA, von Russland und Deutschland sehen zu können. Sein Tipp? Er schmunzelt: "Ich bin mir sicher, der Beste gewinnt." Einige Sekunden Pause: "Aber Sie können sich sicher vorstellen, für wen mein Herz schlägt."

Außerdem, erzählt Alexander gutgelaunt, wolle die Crew auf der ISS ein Fußballspiel organisieren. Man müsse "das Bodenkontrollzentrum nur noch überzeugen, dass das eine gute Idee ist".

Ein halbes Jahr wird Alexander Gerst mit seinen fünf Kollegen aus Russland und den USA auf der Internationalen Raumstation ISS verbringen. Über 100 Experimente sind vorgesehen. Wahrscheinlich auch ein Außeneinsatz. Zusätzlich fotografiert und twittert Gerst wie ein Weltmeister, "damit die Menschen miterleben, wie ich hier arbeite und was ich erlebe". Ob er nach einer Woche schon irgendetwas vermisst? Seine Familie, sagt er. Denn die habe er auch während der letzten sehr stressigen Trainingsmonate schon sehr wenig gesehen. Doch momentan sei alles neu und aufregend, eine tolle Sache und wie er von seinen Kollegen hört, "hält das auch ein halbes Jahr an".

Außerdem sei die Kommunikation sehr einfach geworden. E-mailen, twittern, skypen? Alles kein Problem mehr - aus 400 Kilometern Höhe zur Erde hinab. Auch das Bild der Live-Übertragung ins Kölner Astronautenzentrum ist beeindruckend klar und scharf, die Technik dahinter aber ziemlich kompliziert: Jedes Signal, das die ISS verlässt, läuft über einen Satelliten zum Johnson Space Center der NASA in Houston, Texas. Weiter geht es über einen zweiten Satelliten ins Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen bei München und von dort über Kabel nach Köln.

Kein Ruckeln mehr, kein krisseliges Bild. Bei Live-Schalten zur russischen Raumstation MIR - und solange ist das noch gar nicht her - erkannte man die Kosmonauten kaum. Irgendwie schienen sie damals sehr viel weiter entfernt gewesen zu sein als Alexander Gerst heute. Ihm scheint es ähnlich zu gehen: "Man fühlt sich nicht weit weg", sinniert der 38-Jährige, "aber auch nicht wirklich komplett nah dran". Sagt's und wünscht einen schönen Sommertag nach Köln.