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Meinung

Udo Bauer13. Oktober 2007

Eklat im deutschen Fernsehen. Ein TV-Moderator wirft eine Ex-Kollegin aus der Sendung, weil die angeblich mit Nazi-Gedankengut sympathisiert. Selbstgerechtigkeit siegt über Doofheit.

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Bild: DW

Aber der Reihe nach für diejenigen, die unsere Protagonisten nicht kennen: Eva Herman war früher Sprecherin der "Tagesschau" und Talk-Moderatorin beim NDR - sympathisch, temperamentvoll, professionell. Dass sie ihre TV-Jobs verloren hat liegt daran, dass sie jetzt umstrittene Bücher schreibt. Darin geht es vornehmlich um die Rolle der Frau in der Gesellschaft; sie vertritt da ein, sagen wir mal, recht altmodisches Frauenbild.

Um es auf den Punkt zu bringen: Frauen sollten sich um Heim, Herd und Kinder kümmern statt um eine berufliche Karriere. Abgesehen davon, dass man gerne wüsste, wie die 48-Jährige den eigenen Lebensweg ihrem Mann und Kind erklärt, ist eine solche Einstellung durchaus legitim im gesellschaftlichen Diskurs.

Allzweckwaffe des ZDF

Johannes B. Kerner, der von jeher darauf besteht, dass man das "B" in seinem Namen mitspricht und mitschreibt, ist als Sportmoderator des Privatsenders SAT 1 bekannt geworden - sympathisch, temperamentvoll, professionell. Er wurde vor Jahren vom ZDF als eine Art Allzweckwaffe für Sport, Talk und Gesellschaft eingekauft.

So sehr hat er mit seiner stets auf Political Correctness bedachten Gutmensch-Attitüde seine Programme geprägt, dass manche Medienkritiker schon von einer "Kernerisierung" des Fernsehens sprachen, was soviel heißt wie "Johannes B. nervt". Vielleicht hat ihm seine Redaktion vor der infrage stehenden Sendung dazu geraten, es doch mal richtig krachen zu lassen und einer angeschossenen Kollegin den medialen Gnadenschuss zu verpassen.

Der geplante Eklat

Schwierig wird es für Eva Herman immer dann, wenn sie sich über ihr Buch und ihre Thesen in freier Rede auslässt, was sie oft und bei vielen Gelegenheiten tut. Das wusste die Redaktion. Auch, dass Eva nicht klein beigibt, sondern im Gegenteil dazu neigt, sich um Kopf und Kragen zu reden, wenn sie in die Ecke gedrängt wird. Und genau so kam es dann auch.

Mehrfach versuchte Kerner Herman dazu zu bringen, ihre These zu widerrufen, die sinngemäß besagt, dass im Dritten Reich die Rolle der Frau und Mutter noch adäquat gewürdigt wurde. Nun, klar, sie leistete nicht Abbitte, sondern trat schnurstracks in weitere Nazi-Fettnäpfe. Was die Mitdiskutanten - eine alternde Filmdiva (Senta Berger), einen sexistischen Komiker (Mario Barth) und eine nervensägende Ex-TV-Moderatorin (Margarete Schreinemakers) - dazu brachte sich zu empören als hätten sie es mit Eva Braun persönlich zu tun. Kerner forderte seinen Gast daraufhin auf zu gehen.

Die Nazi-Arschkarte

Erste Presse-Kommentare sprachen von einem "couragierten" Kerner, manche gar von einer "Sternstunde des Fernsehens". Erst der jüdische Publizist Henryk Broder sah die Sache anderes, als Tribunal nämlich, und beschrieb eine Diskussionsregel, die es nur in Deutschland gibt, so: "Wer zuerst Hitler, Nazis, Drittes Reich sagt, hat die Arschkarte gezogen.“

Nun muss man sagen, dass Eva Herman als Medienprofi diese Regel eigentlich kennen müsste, vielleicht hat sie mit dem Wirbel um ihre Person auch ein wenig kokettiert. So oder so, es war einfach dumm von ihr, sich provozieren zu lassen von diesen erkennbar selbstgerechten Gutmenschenschar um Kerner, die sich fast schon zwanghaft distanzierte von nationalsozialistischem Gedankengut. Und so, um mit Henryk Broder zu sprechen, "endete eine der längsten Antifa-Sitzungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.“