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Im DW-Interview: Heinz Buschkowsky

26. September 2010

Berlin-Neukölln gilt als Brennpunkt der Integrationspolitik. Bürgermeister Heinz Buschkowsky sieht aber auch Erfolge. Auf dem SPD-Parteitag spricht er im DW-Interview über schwierige Einsichten und Chancen durch Bildung.

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Heinz Buschkowsky, der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln (Foto: dapd)
Bild: dapd

DW-WORLD.DE: Herr Buschkowsky, auch Sie haben sich über Thilo Sarranzins Buch geärgert. Darin hatte er Intelligenz mit genetischen Eigenschaften verknüpft. Aber das Thema Integration ist jetzt sehr präsent. Freut Sie das?

Heinz Buschkowsky: Sarrazin hat für ein Signal gesorgt. 700.000 Menschen haben inzwischen sein Buch gekauft. Mit dem Kauf legen die Leute doch ein Bekenntnis ab: Das sind Themen von denen ich mich betroffen fühle. Und das muss die Politik irgendwann zur Kenntnis nehmen. Aussagen wie "jeder Migrant ist eine Bereicherung", das sieht der Bürger bei einem Intensivtäter eben anders. Ich bin seit vielen Jahren sehr unglücklich über den Verdrängungsmechanismus bei der Integrationspolitik

Ihr Bezirk Neukölln gilt als sozialer Brennpunkt, die Integration in die Gesellschaft fällt hier besonders vielen Jugendlichen schwer. Das Ganze geht jetzt schon seit Jahrzehnten so.

Es hat sehr lange gedauert bis zu der Erkenntnis, dass Deutschland eben doch ein Einwanderungsland ist. Und es hat Zeit gekostet zur Einsicht: Es geht uns etwas an, dass hier geborene Kinder Deutsch lernen und ein selbstbestimmtes Leben führen. Wir können jetzt nicht mehr sagen: Das sind doch alles nur Ausländer. Irgendwann merken alle, dass ihre eigenen Lebenskreise betroffen sind.

Nehmen wir mal an, dass es durch die aktuelle Debatte mehr Gelder für Ihren Bezirk gibt. Was würden Sie mit dem Geld sofort machen?

Ich würde die Ganztagsschulen ausbauen, Wir müssen die Lern- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern. Ein Beispiel: Das Albert-Schweitzer-Gymnasium war eine äußerst schwierige Schule und wegen der Schülerschaft von der Schließung bedroht. Wir haben dann mit 220.000 Euro Mehraufwand daraus ein blühendes Gymnasium gemacht, auch wenn 90 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund haben. 220.000 Euro, soviel kosten etwa fünf Knastplätze.

Sie rechnen Gymnasien gegen Gefängnisse auf?

Man kann sich entscheiden, ob man einen Jugendknast mit 50 Plätzen baut, oder ob man 10 Gymnasien so fördert, dass man die jungen Menschen zu lebensbejahenden Teilen der Gesellschaft macht. Und ich würde mich immer für die Schulen entscheiden.


Das Interview führte Benjamin Hammer
Redaktion: Hartmut Lüning