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Gefährlich für Vögel, nicht für Menschen

Brigitte Osterath17. November 2014

Bisher kursierte der Vogelgrippestamm H5N8 nur in Asien, jetzt ist er in Europa angekommen. Bisher besteht zwar keine konkrete Gefahr - aber bei Grippeviren sollte man stets vorsichtig sein.

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Vogelgrippe in Großbritannien 17.11.2014 Nafferton (Foto: Anna Gowthorpe/Getty Images).
Bild: Getty Images/A. Gowthorpe

Sobald in einem Stall irgendwo auf der Welt die Vogelgrippe ausbricht, bekommen viele Menschen Angst - zu groß ist die Furcht vor einer Grippe-Pandemie. Jetzt versetzen gleich mehrere neue Vogelgrippefälle die europäischen Behörden in Alarmzustand.

Am Sonntag gaben niederländische Behörden bekannt, dass sie den Vogelgrippestamm H5N8 in einer Geflügelfarm in Hekendorp in den Niederlanden entdeckt hatten. 150.000 Hühner sollen getötet werden. Anfang November war der gleiche Stamm in Deutschland, auf einer Putenfarm in Mecklenburg-Vorpommern, aufgetaucht. Und heute untersuchen die britischen Behörden einen Vogelgrippefall auf einer Entenzuchtfarm in Nordengland - das Virus dort soll mit dem Fall in den Niederlanden zusammenhängen. Der genaue Virus-Subtyp ist allerdings noch nicht endgültig identifiziert.

Eine Bedrohung für Vögel

Der Virusstamm, der in Deutschland und den Niederlanden aufgetaucht ist, ist hochgefährlich für Vögel. "Die meisten der vom Virus befallenen Tiere sterben", sagt Hafez Mohamed Hafez, Direktor des Instituts für Geflügelkrankheiten der Freien Universität Berlin.

Da sei allerdings bei H5N8 nicht immer der Fall: In der Vergangenheit habe es viele Fälle gegeben, in denen die Vögel trotz Virusbefall gesund blieben, erklärte er im DW-Interview. Offensichtlich hat sich das Virus durch Mutation verändert und ist aggressiver geworden.

Laut Hafez sind Tötungsmaßnahmen "berechtigt". Es müsse unter allen Umständen verhindert werden, dass sich das Virus von einem Hof zum nächsten ausbreitet.

Wildvögel (Foto: dpa - Bildfunk).
Wildvögel können die Vogelgrippe weltweit verbreitenBild: picture alliance/AP Photo

Anderer Name - anderer Wirt

Influenza A ist eine Familie von Viren, die Atemwegserkrankungen verursachen. Je nach Subtyp tragen die Viren unterschiedliche Eiweiße auf ihrer Oberfläche. Die Eiweiße ermöglicht es ihnen, an die Zellen unterschiedlicher Wirte anzudocken und in die Zellen einzudringen.

Der Subtyp H1N1 befällt Menschen. Er war auch Verursacher der Spanischen Grippe im Jahr 1918, während der 50 bis 100 Millionen Menschen verstorben sind.

Wer von "Vogelgrippe" spricht, meint Subtypen, die Vögel infizieren, beispielsweise den Subtyp H5N1. Er lässt Menschen und viele Tierarten erkranken. Ein H5N1-Stamm hat sich auf Vögel angepasst.

Laut Weltgesundheitsorganisation sind im Jahr 2013 weltweit 20 Menschen an der H5N1-Vogelgrippe erkrankt. Mehr als die Hälfte der Betroffenen lebte in Kambodscha. 15 Menschen sind an dem Virus verstorben.

Ein anderer Subtyp des Influenza-V-Virus, H7N9, befällt Vögel, kann aber auch auf Menschen überspringen. An H5N8 wiederum sind bisher nur Vögel erkrankt.

Menschen bisher außer Gefahr

Auch Influenzaviren verschiedener Subtypen sind einander relativ ähnlich. "Prinzipiell ist es ihnen möglich, Speziesgrenzen zu überschreiten", sagt Ludwig Hölzle, Leiter des Instituts für Umwelt- und Tierhygiene sowie Tiermedizin an der Universität Hohenheim.

Allerdings sei bisher nicht ein einziger Fall dokumentiert, bei dem sich ein Mensch mit dem Vogelgrippevirus H5N8 angesteckt habe, sagt Gundula Jäger, Virologin an der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Anhand dessen, was wir von H5N8 bisher wissen, gehen wir davon aus, dass dieses Virus für den Menschen nicht schlimm ist." Es bestehe keine Gefahr für den Menschen, lediglich für Tiere.

Auch wenn ein H5N8-Virus mehr oder weniger zufällig einen Menschen anstecken würde, hieße das nicht automatisch, dass er oder sie das Virus dann auch an andere Menschen weitergeben könnte, betont Jäger. Das Virus müsste sich zunächst einmal daraufhin anpassen, an menschliche Zellen anzudocken. Das ist bisher nicht passiert.

Vogelgrippe in Japan (Foto: JIJI PRESS/AFP/Getty Images),
Bei einem Vogelgrippeausbruch werden alle Vögel auf der Farm getötetBild: AFP/Getty Images

Die Dinge ändern sich - Viren auch

Was die Situation so heikel macht, wenn es um Grippeviren geht, ist die Tatsache, dass die Viren sich sehr schnell verändern und sich so schnell an neue Situationen anpassen können, erklärt Hölzle.

Zum einen haben Influenzaviren eine relativ hohe Mutationsrate. Die Struktur ihres Erbgut erlaubt es ihnen außerdem, genetisches Material recht leicht auszutauschen.

Das kann beispielsweise passieren, wenn eine Zelle gleichzeitig mit zwei unterschiedlichen Grippeviren infiziert ist, mit H5N8 und H1N1 zum Beispiel. Aufgrund des Austauschs an genetischem Material kann ein zuvor nicht-ansteckender Virusstamm wie H5N8 danach möglicherweise die Fähigkeit besitzen, von Mensch zu Mensch übertragen zu werden.

"Auch wenn das passiert, wird nicht gleich die Welt untergehen", sagt Hölzle. "Aber es könnte eine Epidemie oder sogar eine Pandemie resultieren. Wie wahrscheinlich das ist, sei dahingestellt."

Wenn Grippeviren im Spiel sind, sollte man also auch immer die Gefahr im Hinterkopf haben.