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Haager Tribunal hebt lebenslange Haft für Stakic auf

23. März 2006

Das UN Tribunal in Den Haag hat die lebenslange Haftstrafe für Milomir Stakic aufgehoben und in eine 40-jährige Strafe umgewandelt. Stakic wird damit noch mindestens 22 Jahre in Haft bleiben müssen

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UN-Tribunal:Stakic bleibt für Kriegsverbrechen schuldigBild: dpa - Fotoreport

An der Urteilsbegründung nahm das Gericht keine Änderung vor. Milomir Stakic habe Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Er war im Juli 2003. wegen Beteiligung an Gräueltaten in den berüchtigten bosnischen Lagern Keraterm, Omarska und Trnopolje verurteilt. Die Korrektur des Strafmaßes begründete die Revisionskammer vor allem mit formaljuristischen Fehlern, die die erste Instanz begangen habe.

Keine Beweise für Völkermord

Gegen das erste Urteil hatten sowohl Anklage als auch Verteidigung Berufung eingelegt. Das Gericht hat das Ansinnen der Anklage abgelehnt, Stakic solle auch für Völkermord schuldig gesprochen werden. Die Entscheidung hat Richter Fausto Pocar damit begründet, es lägen keine Beweise vor, dass Stakic die nichtserbische Bevölkerung vernichten wollte. Es sei nur bewiesen worden, dass er die Bevölkerung zur Auswanderung zwingen wollte. Die Verteidigung führte an, dass eine lebenslange Strafe unangemessen sei, da es sich um einen vergleichsweise jungen Angeklagten handele.

Faktisch eine längere Haftstrafe

Das neue Urteil könnte bedeuten, dass der 44-jährige Stakic länger im Gefängnis bleiben muss als bislang vorgesehen. Das aufgehobene Urteil sah die Möglichkeit einer Begnadigung nach 20 Jahren vor. Das neue Urteil bietet diese Möglichkeit erst nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe. Stakic wird also noch mindestens 22 Jahre im Gefängnis bleiben müssen.

Er war während des Bosniens-Krieges von 1992 bis 1995 Bürgermeister der nordbosnischen Stadt Prijedor und Leiter des "Krisenstabs", der die Lager für verhaftete Bosniaken und Kroaten verwaltete. In dieser Rolle war er auch für die bewaffneten Kräfte verantwortlich, die mit brutalsten Mitteln die Vertreibung aller Nicht-Serben betrieben und Gefangene misshandelten. Stakic wird bald an ein Gefängnis in einem noch unbekanntem Land überstellt, das ein Abkommen mit UNO unterzeichnet hat und somit verpflichtet ist, vom Haager Tribunal verurteilte Personen zu übernehmen.

Mit der Entscheidung der Haager Richter gibt es weiterhin keine rechtskräftige Verurteilung des Kriegsverbrechertribunals zur lebenslangen Höchststrafe. Ebenso wenig gibt es bislang ein rechtskräftiges Urteil wegen Völkermords, obwohl dieser am schwersten wiegende Vorwurf wie bei Stakic im Mittelpunkt vieler Anklagen stand oder noch steht.

Dzevad Sabljakovic, Den Haag
DW-RADIO/Bosnisch,22.3.2006, Fokus Ost-Südost