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Flüchtlinge aus Kosovo

Bahri Cani13. Februar 2015

Die Zahl der Asylbewerber aus dem Kosovo in Deutschland ist in den letzten Monaten stark gestiegen. Die Kosovaren haben aber keine Aussichten auf Anerkennung, sagt Emily Haber Staatssekretärin im Bundesinnenministerium.

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Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Im Januar wurden in Deutschland etwa 23 Prozent mehr Asylanträge gestellt als im Dezember. Ist Deutschland bereit, diese Leute aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewährleisten?

Emily Haber: Deutschland ist bereit, Asylbewerber, die echte Fluchtgründe haben, aufzunehmen. Dazu hält uns unser Grundgesetz an. Wenn Menschen nachweisen können, dass sie vor Krieg, vor politischer Unterdrückung, vor schweren Menschenrechtsverletzungen fliehen, dann können sie das hier vorbringen. Anders verhält es sich bei Menschen, die keinerlei Schutzgründe vorweisen können und hier trotzdem Asyl beantragen. Diese haben nicht den Hauch einer Aussicht, hier Asyl zu finden.

Einen besonderen Zuwachs von Asylanträgen gab es von Menschen, die aus dem Kosovo kamen. Haben die Kosovaren eine Chance auf Asyl in Deutschland?

Nicht die geringste. Die Anerkennungsquote im Januar war 0,3 Prozent. Jeder Kosovare, der sich jetzt auf den Weg macht in der Hoffnung, hier ein besseres Leben zu finden, täuscht sich. Mit ihm wird Schindluder getrieben von Leuten, die daran noch verdienen.

Wie lange dürfen diese Kosovaren in Deutschland bleiben, und was passiert mit denen, die kein Asyl bekommen?

Wie gesagt, fast keiner wird Asyl bekommen. Das heißt, all die Menschen, die sich jetzt auf den Weg zu uns machen, die ihr Hab und Gut verkaufen, die Schlepper-Organisationen viel Geld dafür bezahlen, dass sie nach Ungarn, Österreich und Deutschland transportiert werden, werden ihr Geld verlieren. Und sie werden nichts dafür bekommen. Sie werden bald zurück kehren müssen. Da die Zahlen so hoch sind, haben wir jetzt Vorkehrungen getroffen, damit die Verfahren in kurzer Frist innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen werden können. Das heißt, die Menschen werden 14 Tage, höchstens drei bis vier Wochen hier bleiben. Sie werden in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht, dort in der Regel kein Geld, sondern Naturalien für ihren Unterhalt bekommen und werden dann in den Kosovo zurück geführt. Und dann gilt für sie - ein ganz wichtiger Punkt: Diejenigen, die unser Asylrecht missbrauchen, werden für den gesamten Schengen-Raum mit einer Einreisesperre bis auf weiteres versehen werden. Und es ist Missbrauch, wenn hier jemand Asyl begehrt, ohne auf Fluchtgründe wie Unterdrückung, Verfolgung oder Krieg hinweisen zu können.

Flüchtlinge aus dem Kosovo
Flüchtlinge aus dem Kosovo - Hoffnung auf ein besseres LebenBild: REUTERS/B. Szabo

Wir sind aber auch im Gespräch mit den Transitländern. Und wir werden dafür sorgen, dass durch die Grenzüberwachung, Versuche von Grenzübertritten deutlich verstärkt werden. Auch da müssen die Kosovaren wissen, sie werden schon auf dem Weg zu uns aufgegriffen und zurück gesandt werden.

Aber wie erklären Sie sich, dass diese Leute so leicht die Grenze zu Ungarn überqueren können?

Wir werden das ändern. Jetzt ist Frontex an der Grenze in Ungarn tätig. Das Land wird bei der Sicherung der Grenze unterstützt. Und wir werden nicht nur die Ungarn, sondern auch Serbien beim Schutz der Grenze unterstützen.

Sie wissen aber, dass das Kosovo immer noch nicht auf der Liste der sicheren Herkunftsländer steht. Ist eine Änderung zu erwarten? Und was würde das konkret für die Kosovaren bedeuten?

Die Kategorie "sicheres Herkunftsland" ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass Kosovo ein demokratisch regiertes und ein demokratisch verfasstes Land ist. Kosovo ist ein sicheres Herkunftsland, ganz egal, ob es zu den fünf Ländern gehört, die als sichere Herkunftsländer formell kategorisiert worden sind. Die Frage ist also für die Betroffenen irrelevant. Wichtig ist zu sagen, dass Kosovo für uns ein sicheres Herkunftsland ist, und praktisch niemand von den Kosovaren hier Asyl bekommen wird.

Nach den letzten Berichten aus Deutschland fehlen immer noch Arbeitskräfte in einigen Bereichen, besonders im Gesundheitswesen und in der Elektrotechnik zum Beispiel. Es gab zuletzt Vorschläge einiger Länder-Ministerpräsidenten, dass Fachkräfte unter den Asylbewerbern, in Deutschland bleiben könnten. Ziehen Sie so etwas überhaupt in Betracht?

Die Antwort ist ein ganz klares Nein. Sie können nicht überwechseln von dem Strang "Asylbegehren" zu dem Strang "Zuwanderung und Arbeitssuche". Was die Menschen tun können, ist ganz regulär in Pristina an der deutschen Vertretung ein Visum zur Arbeitsplatzsuche zu beantragen. Wenn sie mit ihren Berufen, Mangelberufe oder andere Berufe abdecken, an denen wir ein hohes Interesse haben, können sie ein Visum bekommen. Aber Asyl missbräuchlich zu beantragen, ist der sichere Weg, mit einer Einreisesperre für die Zukunft belegt zu werden. Ich wiederhole: Kosovo ist ein demokratisch regierter Staat, den wir in seinem Bemühungen um Stabilität und wirtschaftlichen Wachstum seitens der Bundesregierung und seitens der EU massiv unterstützen. Diese Menschen haben keine Aussicht auf Asyl.

Haben Sie Kontakte mit der kosovarischen Regierung bezüglich dieser Probleme? Gibt es eine Art Zusammenarbeit mit der Kosovo-Regierung hinsichtlich der Rückkehr der Menschen, deren Asylantrag in Deutschland abgelehnt werden wird?

Wir sind natürlich in gutem Kontakt mit der kosovarischen Regierung. Wir bitten die kosovarische Regierung ebenfalls um Klarstellung der Aussichten. Damit nicht die Schlepper-Organisationen mit ihrem Betrug an den Menschen im Kosovo die Herren des Verfahrens sind.

Wissen Sie, warum so viele Kosovaren gerade jetzt das Kosovo verlassen wollen, um nach Deutschland zu kommen?

Das ist sehr schwer zu durchschauen. Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass die Menschen sich große Sorgen über die wirtschaftliche Zukunft machen. Ganz sicher aber ist auch eine Kampagne wirksam, die den Menschen erzählt, dass sie bessere Zukunftsaussichten in anderen Ländern haben. Diese Kampagne dient aber nur den Schleusern, die an diesen Menschen verdienen.

Emily Haber ist seit Januar 2014 Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern. Davor war sie von 2006 bis 2009 Beauftragte für Südosteuropa und die Türkei und später Staatsekretärin im Auswärtigen Amt.