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Hafen-Ausbau

22. Juni 2009

Die Wirtschaftskrise hinterlässt auch in Rotterdam ihre Spuren: Weniger Schiffe, weniger Container. Das kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn gerade hat der Ausbau des Hafens begonnen.

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Containerschiffe im Hafen von Rotterdam (Foto: AP)
Voll beladene Containerschiffe sind im Hafen von Rotterdam nicht mehr oft zu sehenBild: dpa

Wasser, das an den Kai platscht, Hafenarbeiter, die sich Kommandos zurufen, dazu ein paar kreischende Möwen – wer sich so den Hafen von Rotterdam vorstellt, wird enttäuscht: Das Pfeifen des Windes und der Motor einer Fähre, das ist die ganze Geräuschkulisse. Die Arbeit geht hier still vor sich, denn Maschinen und Computer haben viele der traditionellen Hafenarbeiter längst ersetzt. Für das Entladen eines Containerschiffs braucht es heute nur noch wenige Menschen, automatische Kräne erledigen die Arbeit.

Lauter geht es ganz im Westen des Hafens zu. Bulldozer schütten jeden Tag Unmengen Sand in der Nordsee auf, so soll der Hafen wachsen und bald noch mehr Platz bieten für Schiffe und Container. Ein notwendiger Schritt, glaubt Minco van Heezen von der Hafenbetreibergesellschaft: "Wir brauchen die Erweiterung, weil das heutige Hafengebiet nahezu komplett besetzt ist und wir natürlich unseren Kunden die Aussicht bieten wollen, hier in Rotterdam zu wachsen."

Ein Hafen mit Superlativen

Schiffe im Hafen von Rotterdam (Foto: dpa)
Hafen aus der Vogelperspektive: der Gigant will weiter wachsenBild: picture-alliance / dpa

Wachstum und Erweiterung – das sind die Stichworte im Konkurrenzkampf mit anderen Häfen. Dabei ist der Rotterdamer Hafen schon jetzt so groß, dass einem schwindlig werden kann vor lauter Superlativen: Bezogen auf alle Waren ist der Hafen der größte in Europa, bezogen auf den Umschlag von Öl ist er sogar der größte der Welt. Über eine Fläche von 10.000 Hektar erstrecken sich Kräne und Lagerhallen. Vom Rotterdamer Stadtzentrum, wo die Geschichte des Hafens einst seinen Anfang nahm, haben sich die Ankerplätze 40 Kilometer westwärts bis zur Nordsee gefressen. Längst hat der Hafen eine eigene Autobahn.

Doch auch die riesigen Dimensionen können nicht verdecken, dass der Rotterdamer Hafen von der Wirtschaftskrise getroffen ist. Schiffe, die nur halb beladen einfahren und Container, die hochgestapelt und ungenutzt auf den Wiesen stehen – der Hafen gibt der Krise ein Gesicht. Ein schlechtes Omen für den Ausbau? Minco van Heezen bleibt gelassen, schließlich habe die Planung 1995 begonnen, damals sei die Wirtschaftslage auch nicht besonders gut gewesen: "Wir haben immer einen sehr langen Planungshorizont, mindestens 20 Jahre. Und in 20 Jahren hat man durchaus immer eine Krise und einen Höhepunkt. Das ist nicht entscheidend dafür, was wir mit dem Hafenausbau machen sollen." So Heezen weiter.

Milliardeninvestition für die Zukunft

Ein Kran im Hafen von Rotterdam (Foto: AP)
Jeder Krise folgt ein Aufschwung: in Rotterdam wird für die Zukunft gerüstetBild: AP

Eine langfristige Planung und einkalkulierte Risiken – nötig für einen Ausbau, der 15 Milliarden Euro kostet. Ein großer Teil des Geldes kommt von privatwirtschaftlichen Unternehmen, und denen dürften solche Investitionen in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht gerade leicht fallen. Aber, sinkender Export hin oder her, knapp die Hälfte der neu entstehenden Fläche ist bereits vermietet, und das, obwohl das Ganze noch eine riesige Baustelle ist und bisher nur mit viel Fantasie an ein Hafengebiet erinnert.

Ein künftiger Mieter ist APM Terminals. Das dänische Unternehmen will ein zweites Containerterminal bauen, obwohl es im Moment wegen der Krise 15 Prozent weniger Umschlag hat. Von Krisenstimmung ist trotzdem keine Spur. Der stellvertretende Direktor Frank Tazeelar kann der Krise sogar etwas Positives abgewinnen: "Vor zwei, drei Jahren hatten wir hier im Rotterdamer Hafen einige Engpässe, insofern sind wir eigentlich froh, dass es jetzt diese Pause gibt."

Frank Tazeelar hat die Pause genutzt, um das Unternehmen fit zu machen für die Zukunft: Das neue Terminal soll modernste Technologie haben, in wenigen Jahren werden dann Schiffe vollautomatisch entladen.

Mehr Schiffe, mehr Arbeitsplätze

Innenstadt Rotterdam (Foto: IFFR)
Die Stadt Rotterdam wird vom Ausbau des Hafens profitierenBild: IFFR

Überhaupt scheinen sich alle auf den Ausbau zu freuen, trotz, oder gerade wegen der Wirtschaftskrise. In Rozenburg, einem kleinen idyllischen Dorf mitten im Hafengebiet, merkt der Eigentümer des einzigen Restaurants, Marco Rumbaum, dass seine Gäste immer weniger Geld fürs Essen ausgeben. In den Ausbau des Hafens steckt er einige Hoffnungen: "Es bedeutet mehr Arbeitsplätze, mehr Schiffe – das ist sehr gut für die Wirtschaft."

Mehr Arbeitsplätze, das ist nicht nur gut für die Wirtschaft, sondern vielleicht auch für sein Restaurant. Schließlich ist es mit der Fähre vom neuen Hafengebiet bis zu seiner Gaststätte nur ein Katzensprung.

Autor: Anja Koch
Redaktion: Zhang Danhong