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Haftbefehl gegen sudanesischen Präsidenten

Stefanie Duckstein / Klaudia Pape 4. März 2009

Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Al-Baschir erlassen.

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Bild: AP / dpa / DW

Im Juli vergangenen Jahres hat Chefankläger Luis Moreno Ocampo den Haftbefehl für Omar Hassan al-Baschir beantragt. Seitdem sucht ein Richtergremium nach Beweisen, die Anklage zu untermauern. Am Mittwoch ist die Entscheidung in Den Haag verkündet worden: Der IStGH hat einen Haftbefehl gegen Al-Baschir erlassen. Es ist das erste Mal, dass der Strafgerichtshof mit einem Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatschef vorgeht. Doch was geschieht jetzt? Wie sehen Konsequenzen einer solchen Entscheidung aus?

Sudan Darfur Massengräber
Massengräber in DarfurBild: AP

El Tayeb Ha Ateya ist Direktor des Peace and Research Instituts an der Universität Khartoum; er ist enger Berater des sudanesischen Präsidenten und Vermittler zwischen der Regierung und den Rebellen. Er hat schon vor der Entscheidung des IstGH vor den Folgen eines Haftbefehls gewarnt: Wenn es die sudanesische Regierung ablehne, besonnen auf den Haftbefehl zu reagieren, werde der UN-Sicherheitsrat Sanktionen verhängen, meint Ateya. Das könne die sudanesische Regierung lähmen und schließlich das ganze Land destabilisieren. Und das, so Ateya, "wird zu Gewalt im Sudan führen und hätte Auswirkungen auf den Friedensvertrag zwischen Nord- und Südsudan und den Friedensprozess in Darfur".

Zweifel an Durchsetzung des Haftbefehls

Der deutsche Völkerrechtler Christian Tomuschat zweifelt zwar nicht an der Berechtigung des Haftbefehls, aber an der Durchsetzung. Er glaube nicht, so Tomuschat, dass Al-Baschir jemals in Den Haag vor den Richtern stehen werde, "denn, wer soll da eigentlich in Khartoum einrücken und den Herrn Baschir gefangen nehmen? Da gibt es niemanden, der bereit wäre, das zu tun. Wir können ja keinen Krieg deswegen riskieren, um eine einzelne Person gefangen zu nehmen." Die Entscheidung von Den Haag habe deshalb vor allem symbolische Bedeutung. Sie zeige, dass das internationale Recht für alle gelte und auch vor höchsten Staatsämtern nicht halt mache.

Diplomaten befürchten jetzt Vergeltungsschläge der sudanesischen Armee an der Zivilbevölkerung, gegen humanitäre Helfer oder gegen UNAMID, die Hybridmission aus Soldaten der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union. Schon hat die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen die Anweisung erhalten, Mitarbeiter aus der Krisenregion im Westen Sudans abzuziehen. Im Zentrum der sudanesischen Hauptstadt Khartoum versammelten sich - nach Bekanntgabe des Haftbefehls - Tausende Demonstranten zu Protestkundgebungen.

Chefankläger in der Kritik

Luis Moreno Ocampo
Der argentinische Jurist Luis Moreno OcampoBild: dpa - Fotoreport

Viel Kritik ist Chefankläger Luis Moreno Ocampo in diesem Fall entgegengeschlagen. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon äußerte bereits im Vorfeld der Entscheidung ernste Sorgen über die Auswirkungen des Haftbefehls. Er gefährde die Friedensverhandlungen und würde den Sudan endgültig in eine Blockadehaltung treiben. Und genau hier liegt das Dilemma des Weltgerichts: Der Gerichtshof arbeitet in einem politischen Minenfeld. Einerseits will die Staatengemeinschaft die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen zur Verantwortung ziehen. Auf der anderen Seite muss sie mutmaßliche Täter als Verhandlungspartner hofieren.

Solidarität unter afrikanischen Staaten

Rückendeckung erhält Al-Baschir bereits seitens der Afrikanischen Union und von arabischen Staaten. 37 Staaten, unter anderem aus Afrika, haben angekündigt, den Internationalen Starfgerichtshof - aufgrund des Haftbefehls gegen Baschir - nicht länger anzuerkennen.

Die Solidarität unter den afrikanischen Staaten spiele, so der Völkerrechtler Tomuschat, in diesem Falle eine entscheidende, aber eher traurige Rolle. Ein Ausweg aus der Krise, so Tomuschat, könne nur darin bestehen, dass die sudanesische Regierung systematisch geächtet werde - vor allem auch im Kreise der afrikanischen Staaten.