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Haiders Partei attackiert erneut Tschechien

30. Januar 2002

– Prag reagiert mit diplomatischer Protestnote

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Köln, 30.1.2002, RADIO PRAG

RADIO PRAG, deutsch, 29.1.2002

Die antitschechische Kampagne der österreichischen Freiheitlichen wird fortgesetzt. Der Generalsekretär der Freiheitlichen beschuldigte Tschechien, dass es unzureichend die jüdischen Opfer der Arisierung entschädigt. Vizepremier Rychetsky wies dies als eine abscheuliche Lüge strikt zurück mit dem Hinweis, das internationale Forum hätte Tschechien dafür gelobt, dass es sich als erstes und einziges Land in Europa mit diesem Problem restlos auseinandergesetzt habe. Dagmar Keberlova berichtet.

Die österreichischen Freiheitlichen ließen mit der nächsten Provokation gegen Tschechien nicht lange auf sich warten. Nur eine Woche nach dem Ausgang des antitschechischen Volksbegehrens forderte am Montag (28.1.) der Generalsekretär der Freiheitlichen, Sichrovsky, Prag auf, die Folgen der Rassenverfolgung im Zweiten Weltkrieg neu zu bewerten und die jüdischen Opfer zu entschädigen.

Sichrovsky sagte des Weiteren, dass im Zweiten Weltkrieg die Juden mit wirksamer Hilfe der Tschechen in die Konzentrationslager deportiert wurden und die jüdischen Opfer bis heute für ihre Rechte kämpfen müssten. Seine Worte haben unter den tschechischen Juden empörte Reaktionen hervorgerufen.

Die Vertreter der tschechischen jüdischen Organisationen sind nicht damit einverstanden, dass sich Tschechen an den Deportationen beteiligt hätten. Eine bedeutende Rolle hätten hingegen die Österreicher gespielt.

Tomas Kraus, Sekretär der Föderation der jüdischen Gemeinden in Tschechien betrachtet Sichrovskys Aussagen als ein politisches Spiel. Kraus bestätigte ebenfalls, dass die Kommission, die von der Regierung eingerichtet wurde, bereits seit vier Jahren Eigentum zurückerstattet und Opfer entschädigt hätte, an deren Leiden sich die Tschechen nicht beteiligt hätten:

"Auch wenn es ein komplizierter Prozess ist, ist er großteils erfolgreich. Obwohl dieser Prozess nicht ganz abgeschlossen ist - im Hinblick auf den EU-Beitritt Tschechiens, wie Herr Sichrovsky befürchtet - bis zum EU-Beitritt Tschechiens wird diese Angelegenheit zur Gänze erledigt werden. Sollte Herr Sichrovsky das Gefühl haben, in diesem Spiel mit den Juden zu spielen, dann lehnen wir dieses resolut ab."

Die jetzige tschechische Regierung hat drei Monate nach ihrer Ernennung eine Kommission errichtet, die bereits seit drei Jahren Forschungen durchführt. Die tschechische Regierung hat ebenfalls 300 Millionen Kronen freigestellt, um diejenigen Opfer zu entschädigen, auf die sich aus egal welchem Grund die Restitutionsgesetze nicht bezogen haben.

"Wir sind das einzige Land, das dies getan hat," sagte Rychetsky. Den tschechischen Staat hat niemand zur Entschädigung zwingen müssen im Vergleich zu Deutschland und Österreich.

"Die österreichische Regierung hat sich hierzu entschieden, um ihr Image im Ausland zu verbessern," sagte der Vorsitzende der Prager Jüdischen Gemeinde Tomas Jelinek. Die tschechische Regierung will der österreichischen Regierung eine Protestnote schicken.

Vizepremier Rychetsky sagte hierzu: "Ich habe soeben dem Außenministerium die Unterlagen für eine diplomatische Note übergeben. Ich glaube, dass es sehr schwierig ist, Worte für eine Reaktion zu suchen. Entweder weiß der Mensch absolut nichts darüber, was die Tschechische Republik in den letzten vier Jahren gemacht hat, um die Gräueltaten des Holocaust zu bewältigen. Oder er weiß es, und dann ist er einfach ein Lügner." (ykk)

RADIO PRAG, deutsch, 30.1.2002

Die diplomatischen Spannungen zwischen Tschechien und Österreich haben sich weiter verschärft. Das tschechische Außenministerium hat am Dienstagnachmittag (29.1.) dem österreichischen Botschafter in Prag eine diplomatische Note übergeben, in der es das - so wörtlich – "äußerst unpassende Auftreten" des FPÖ-Generalsekretärs Peter Sichrovsky kritisiert.

Sichrovsky hatte am Montag (28.1.) gesagt, die tschechische Bevölkerung habe den Nationalsozialisten häufig bei Deportationen geholfen. Weiter äußerte er, dass im Zuge der tschechischen Bewerbung um die EU-Mitgliedschaft neben der Diskussion um die so genannten Benes-Dekrete auch eine neue Bewertung des tschechischen Verhältnisses zu den unter den Nazis aus rassischen Gründen Verfolgten notwendig sei. Vertreter der jüdischen Gemeinden warfen dem FPÖ-Generalsekretär vor, das Schicksal der Juden für politische Ziele sowie zur Geschichtsverfälschung zu missbrauchen. (ykk)