1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hamas übergibt Schalit an Ägypten

18. Oktober 2011

Der spektakuläre Gefangenenaustausch in Nahost ist angelaufen. Israel bestätigte, dass die Hamas den Soldaten Gilad Schalit nach Ägypten überstellt hat. Am Morgen begann Israel, inhaftierte Palästinenser freizulassen.

https://p.dw.com/p/12tog
Palästinensischer Häftling in einem Bus macht ein V-Zeichen (Foto: AP/dapd)
Die ersten Häftlinge wurden bereits verlegtBild: dapd

Im Nahen Osten hat der größte Gefangenenaustausch seit mehr als einem Vierteljahrhundert begonnen. Der seit mehr als fünf Jahren verschleppte israelische Soldat Gilad Schalit ist am Dienstagmorgen (18.10.2011) in Ägypten eingetroffen. Wie ein Vertreter der israelischen Armee sagte, soll er dort medizinisch untersucht und möglichst bald nach Israel gebracht werden. Auch Vertreter der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas erklärten, dass sich Schalit in Ägypten befinde. Er sei aber noch nicht an die israelische Seite übergeben worden.

Der 25-jährige Schalit soll gegen zunächst 477 von insgesamt 1027 palästinensischen Gefangenen ausgetauscht werden. Der Häftlingsaustausch lief in der Nacht an, als Israel palästinensische Gefangene mit Bussen in Richtung der Palästinensergebiete fuhr.

Vom israelischen Keziot-Gefängnis in der Negev-Wüste wurden die ersten Häftlinge zum Grenzübergang Kerem Schalom zum Gazastreifen gefahren. Das berichteten israelische Medien. Die Palästinenser sollen an Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz übergeben werden. In den kommenden zwei Monaten sollen dann weitere 550 palästinensische Gefangene auf freien Fuß kommen. Schalit war am 25. Juni 2006 von militanten Palästinensern unter Hamas-Kommando in den Gazastreifen verschleppt worden.

Gericht gab grünes Licht

Zuvor hatte das oberste Gericht in Israel alle Klagen gegen den Austausch zurückgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass allein die Regierung über den Austausch von Häftlingen zu befinden habe, wie das Armeeradio berichtete. "Die Regierung ist allein verantwortlich für die Sicherheit des Staates, der Soldaten und der Bürger", erklärten die Richter demnach.

Palästinensischer Häftling in einem Bus, davor israelische Sicherheitskräfte (Foto:Ariel Schalit/AP/dapd)
Der Austausch beginntBild: dapd

Vier Einwände hatte es gegen die Freilassung von 477 der insgesamt mehr als tausend Palästinenser gegeben, die im Austausch für den israelischen Soldaten Gilad Schalit am Dienstag (18.10.2011) aus der Haft entlassen werden sollen. Die Einsprüche waren vor allem von Angehörigen von Anschlagsopfern vorgebracht worden. Unter den palästinensischen Häftlingen, die freikommen sollen, sind mehrere, die wegen blutiger Anschläge in Israel verurteilt wurden.

Israelis mehrheitlich für Gefangenenaustausch

Hamas-Anhänger trägt grüne Fahnen in den Händen (Foto: AP/dapd)
Für die entlassenen Palästinenser ist ein Heldenempfang geplantBild: dapd

Sollte der Austausch wie geplant funktionieren, wäre es das erste Mal seit 26 Jahren, dass ein israelischer Soldat lebend aus der Gefangenschaft heimkehrt. Im Mai 1985 hatte Israel 1150 Palästinenser im Gegenzug für drei im Libanon gefangen genommene Soldaten freigelassen.

Der Häftlingsaustausch wird von einer großen Mehrheit der Israelis befürwortet. Dies geht aus einer Meinungsumfrage hervor, die die israelische Zeitung "Jediot Achronot" veröffentlichte. 79 Prozent der Befragten sprachen sich für den Tausch von insgesamt 1027 Palästinensern gegen Schalit aus. Nur 14 Prozent der Befragten lehnten dies ab. In der Frage, welche Auswirkungen der Austausch auf die Sicherheit Israels haben werde, befürchteten 50 Prozent der Befragten negative Folgen. Gegenteiliger Meinung waren 48 Prozent. Für die repräsentative Untersuchung waren nach Angaben der Zeitung insgesamt 500 jüdische und arabische Israelis befragt worden.

Selbst nach dem Austausch werden noch mehr als 4100 Palästinenser in israelischen Gefängnissen bleiben. Sie sind teilweise zu langen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie an Terroranschlägen beteiligt waren oder von Israel als Sicherheitsrisiko eingeschätzt werden. Die Hamas hat weitere Entführungen von israelischen Soldaten angedroht, um auch diese Gefangenen freizupressen.

Autorin: Pia Gram/Reinhard Kleber (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Siegfried Scheithauer/Anna Sigrist