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Handel und Wandel mit den Mullahs

Peter Philipp16. August 2002

Annäherung erfolgt oft zuerst auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Reformbereitschaft der iranischen Mullah-Diktatur veranlasst Bundeswirtschaftsminister Müller zu einer Dienstreise nach Teheran.

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Unterwegs in Sachen Wirtschaft: Werner MüllerBild: AP

Von den deutschen Arbeitslosenzahlen dürften Wirtschaftsplaner im Iran träumen, denn in ihrem Land liegt der Anteil der Arbeitslosen nach offiziellen Statistiken bei etwa 14 Prozent. Und Experten sind der Meinung, dass diese Ziffer reichlich geschönt ist, weil besonders im staatlichen Sektor viele Stellen überbesetzt sind. In den Planungsstäben von Präsident Khatami steht deswegen seit langem fest, dass besonders viel für die Schaffung von Arbeitsplätzen unternommen werden muss.
800.000 Jobs pro Jahr, das war das ambitionierte Ziel des laufenden Fünfjahresplans. Doch vermutlich wird nur ein Viertel davon erreicht. Einer der Hauptgründe hierfür: Es fehlt an ausreichenden ausländischen Investitionen.

Neues deutsches Engagement

Das soll sich ändern: Bundeswirtschaftsminister Werner Müller unterzeichnet am Samstag (17.8.2002) in Teheran ein Investitionsförderungs- und -schutzabkommen, das die Grundlage für ein größeres Engagement der deutschen Wirtschaft im Iran sein soll. Es hat sicher nur am Rande mit Wahlkampf zu tun, wenn Müller vor seiner Abreise erklärte, es gehe ihm hierbei in erster Linie um bessere Chancen für die deutsche Wirtschaft.


Deutsche Firmen sind bereits im Iran vertreten – im Erdölsektor, der Kfz-Branche, der Telekommunikation sowie bei Stahl, Tabak und Bergbau. Und obwohl das deutsche Engagement in einigen dieser Bereiche in den letzten Jahren gestiegen ist, schätzen Kenner der Szene, dass hier noch ein großes Potential liegt. Der Iran leidet zwar unter einer Wirtschaftsflaute. Das größte Tief in Folge des acht Jahre langen Golfkrieges, des Ölpreis-Verfalls und der daraus resultierenden hohen Staatsverschuldung hat Teheran aber überwunden: Die Staatsverschuldung ist kontinuierlich abgebaut worden und liegt jetzt unter 7 Milliarden Dollar.

Inneriranische Widerstände

Chatami wählt
Bild: AP

Verbunden mit anfänglichem Vertrauen in politische Veränderungen unter Reformpräsident Khatami erhöhte Deutschland den Rahmen der Hermes-Bürgschaften für das Iran-Geschäft, so richtig kam es aber dennoch nicht in Schwung. Eine Ausweitung müsste vor allem mit der von Khatami angestrebten Privatisierung der iranischen Wirtschaft einhergehen, die aber lässt weiterhin auf sich warten. Es sind gerade die konservativen Gegner Khatamis, die mehr als misstrauisch sind gegenüber einer Privatisierung, denn die von ihnen beherrschten religiösen "Stiftungen", die heute einen wichtigen Teil der Wirtschaft beherrschen, würden dadurch an Einfluss verlieren.

Großer Nachholbedarf

Trotz solcher Widerstände gelang es aber, im Mai dieses Jahres ein Gesetz für Direktinvestitionen zu verabschieden. Damit war der Weg frei zur Umsetzung längst ausgehandelter Vereinbarungen und der jetzigen Unterzeichnung des Investitionsschutzabkommens.

Dieses Abkommen soll es deutschen Unternehmern leichter machen, bisherige Vorbehalte gegenüber einem Engagement im Iran abzubauen. Gleichzeitig dürfte dies auch ein Signal für den gegenseitigen Handel sein: Im zurückliegenden Jahr hat die EU bei Exporten in den Iran 35 Prozent zugelegt, Deutschland allein aber nur um 23 Prozent. Auch in Teheran weist man auf das nicht ausgeschöpfte Potential hin, man sucht aber auch nach Wegen, die Exporte in die EU und speziell nach Deutschland zu erhöhen. Diese Exporte sind, unter anderem wegen der EU-Abschottung nach außen, rückläufig. Daran dürfte sich auch auf absehbare Zeit kaum etwas ändern. Im internationalen Vergleich liegt der Iran mit seinen Ausfuhren nach Deutschland an 64. Stelle und mit seinen Importen aus Deutschland an 44. Position der deutschen Statistik.