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Chancen gegen den Klimawandel

Martin Fritz31. März 2014

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen stellt in seinem jüngsten Bericht fest, dass sich die Erderwärmung bereits auf Menschen und Umwelt auswirkt. Trotzdem sei es noch nicht zu spät.

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Eisbär springt von Scholle zu Scholle (Foto: Greenpeace, dpa - Bildfunk)
Bild: picture alliance/dpa

Das Papier mit den Empfehlungen für die politischen Entscheidungsträger umfasst fast 50 Seiten - der eigentliche Bericht rund 2000 Seiten. Mehr als 400 Forscher und 1700 Experten haben daran mitgearbeitet; das geballte Wissen aus 12.000 Fachartikeln wurde berücksichtigt. Das Ergebnis: Der Klimawandel wirkt sich bereits auf Menschen und Umwelt aus. Und: Die Erderwärmung werde noch drastischere Auswirkungen haben, wenn der Mensch sie nicht stärker bremse als bisher, heißt es in der Zusammenfassung.

Die Welt sei für diese Risiken vielfach schlecht vorbereitet, aber es gebe Gelegenheiten zum Handeln. "Wir wissen jetzt mehr und wir haben jetzt Zukunftsprognosen - wobei sich eine Botschaft klar herausschält: Die Welt muss sich an den Klimawandel anpassen und ihn abmildern - je früher sie das tut, desto weniger wird es die schlimmsten Auswirkungen geben", erklärte der Vorsitzende des Weltklimarats, Rajendra Pachauri, bei der Vorlage des Berichts im japanischen Yokohama.

Der zweite Teil des fünften UN-Klimaberichts dokumentiert konkrete Folgen der Erderwärmung. "Früher haben wir bei manchen Veränderungen eine Verbindung zum Klimawandel nur vermutet, aber nun gibt es einige Ereignisse, von denen wir sagen können, dass sie durch das Klima verursacht wurden - zum Beispiel die jüngste Dürre in Australien", sagte Michael Jarraud, Chef der Welt-Meteorologie-Organisation.

So gingen auch fast überall auf der Welt die Gletscher zurück. Die Flora und Fauna im Meer, im Süßwasser und auf dem Land verlagerten bereits ihren Lebensraum, und viele Pflanzen veränderten ihre Vegetationsperioden. Ein hoher Anteil der Arten könne verschwinden, besonders wenn sich auch ihr Lebensraum ändere oder die Bestände ausgebeutet würden.

Ein verdurstendes Rind in der australischen Dürre (Foto: AP/Peter Lorimer)
Weltklimarat: An der Dürre in Australien ist der Klimawandel schuldBild: AP Photo/Peter Lorimer

Investitionen gefordert

Insgesamt kommt der Weltklimarat zu dem Schluss, dass es schon Klimarisiken bei ein oder zwei Grad Erwärmung der Erde gebe. Diese Risiken stammten aus der Verwundbarkeit der Menschen, von Industrien und Ökosystemen aufgrund mangelhafter Vorbereitung sowie der Beeinträchtigung von Menschen und Vermögen durch klimatische Ereignisse oder Trends, heißt es etwas abstrakt in dem Klimabericht.

Dennoch gab sich Chris Field, Co-Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe des Klimarats, optimistisch: "Der Bericht enthält viele schlechte Nachrichten, aber die Regierungen beginnen, diese Risiken anzugehen, ob es nun neue Deiche in den Niederlanden sind oder der Anbau von Mangroven an Küsten."

Bei der Einschätzung der Risiken mache es einen deutlichen Unterschied, ob der Mensch in einer Welt mit zwei Grad Erwärmung lebe oder mit vier. In einer um vier Grad erwärmten Welt seien die Risiken noch sehr viel höher, heißt es in dem Bericht.

Co-Vorsitzender Vicente Barros verlangte den Einsatz von mehr Mitteln gegen die Folgen des Klimawandels: "Investitionen in bessere Vorbereitungen können Dividenden in der Gegenwart wie in der Zukunft bringen." Konkret schätzt der Bericht die Kosten der Erderwärmung auf 0,2 bis 2 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Ein Bündnis von Klimaschützern in Yokohama kritisierte, die Regierungen würden sich weder auf eine Erderwärmung um zwei Grad noch um vier Grad vorbereiten. "Aber für jeden, der dachte, wir können die Atmosphäre einfach weiter verschmutzen und uns allmählich an die Veränderungen anpassen, hat der Weltklimabericht die klare Botschaft: Das ist nicht möglich!", sagte Kaisa Kosonen von Greenpeace.

Bauern mit Maschinen bei der Ernte auf dem Feld (Foto: Scott Barbour/Getty Images)
Nahrungsmittel würden in Zukunft teurer, auch in Industrieländern, heißt es im neuesten BerichtBild: Getty Images

Steigende Nahrungsmittelpreise

Erstmals hat der Weltklimarat auch einen Zusammenhang zwischen Erderwärmung und Nahrungsproduktion gezogen. Demnach hat sich das Ertragswachstum bei Nutzpflanzen auf jährlich rund ein Prozent abgeschwächt, während die Weltbevölkerung deutlich schneller anwachse. Das Problem werde sich mit fortschreitender Erwärmung noch vergrößern. Klimarat-Vorsitzender Pachauri sagte deshalb mehr Klimaflüchtlinge vorher. "Ihre Zahl wird sich multiplizieren, falls der Wandel sie in ihrer Existenz bedroht", meinte er. So seien 800 Millionen Menschen in ihren Ackererträgen allein vom Regen abhängig.

Auch eine Zunahme von Extremwetter werde zu steigenden Nahrungspreisen führen. Betroffen seien vor allem Schwellenländer. Aber auch die Industrienationen würden die Preisfolgen von Nahrungsmittelkrisen zu spüren bekommen.

Die britische Hilfsorganisation Oxfam lobte den Weltklimarat dafür, die Klimagefahren für die Agrarproduktion klarer ausgesprochen zu haben. "In der Vergangenheit hat man optimistisch erwartet, dass Rückgänge in einigen Gebieten durch Zuwächse in anderen Regionen ausgeglichen werden könnten", sagte Tim Gore von Oxfam. "Diesmal ist man eindeutig: Der Klimawandel hat weltweit bereits zu signifikanten Rückgängen in den Nettoerträgen von Weizen und Mais geführt."

Der dritteTeil des Klimareports über Möglichkeiten und Wege, die Erderwärmung zu bremsen, wurde am 13. April in Berlin vorgestellt.