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Handreichung der deutschen Bischöfe

5. Februar 2009

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz sucht das Gespräch mit dem Zentralrat der Juden. Kanzlerin Merkel begrüßte die Widerrufs-Aufforderung des Papstes an den Holocaust-Leugner Williamson.

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Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hält am Donnerstag (25.12.2008) im Freiburger Münster seine Weihnachtspredigt
Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert ZollitschBild: picture-alliance/ dpa

Die Deutsche Bischofskonferenz will den heftigen Streit über die Wiederaufnahme von vier Bischöfen der erzkatholischen Piusbruderschaft entschärfen. Eine Sprecherin der Bischofskonferenz bestätigte einen entsprechenden Vorabbericht der "Westdeutschen Allgemeine Zeitung" aus der Freitagsausgabe (06.02.2009), dass der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, den Zentralrat der Juden zu einem klärenden Gespräch nach Freiburg eingeladen hat.

Der Brief sei an den Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, gegangen mit dem Vorschlag, "sich in nicht ferner Zukunft persönlich zu treffen". "Die Diskussion der zurückliegenden Tage beweist, dass man sich der Gemeinsamkeiten und der Verbundenheit versichern sollte, statt von einer Unfähigkeit zum Dialog auszugehen", wird aus dem Brief weiter zitiert.

Kramer hatte am Donnerstag in scharfen Worten die Aufforderung Papst Benedikt XVI. an den britischen Bischof Richard Williamson kritisiert, er solle seine Äußerungen über den Holocaust zurückzunehmen. Dies sei "völlig unglaubwürdig". Kramer forderte den Papst auf, sich zu entscheiden, "auf welcher Hochzeit er tanzen will". Entweder er stehe für die Kirche der Aufklärung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil oder für die Kirche des Traditionalismus mit den Pius-Brüdern.

Merkel zufrieden mit Widerrufsaufforderung

Lammert (rechts) und Merkel (links) auf dem Weg zum Petersdom zum Einführungsgottesdienst Papst Benedikts im April 2005
Damals beim Papst-Einführungsgottesdienst im April 2005 herrschte noch eitel Sonnenschein (Archiv)Bild: picture-alliance/ dpa/ dpaweb

Zufrieden mit der Aufforderung des Papstes an Williamson zeigte sich dagegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Widerrufs-Aufforderung sei "ein wichtiges und auch ein gutes Signal", sagte sie auf einer Pressekonferenz in Berlin nach dem Zusammentreffen mit Vertretern internationaler Organisationen. Die Reaktion des Papstes mache "deutlich, dass eine Leugnung des Holocaust niemals ohne Folgen im Raum stehen bleiben kann". Nur ohne die Leugnung des Holocaust und nur ohne Antisemitismus könne überhaupt ein gedeihliches Miteinander von jüdischen Gemeinden und christlichen Kirchen gelingen, so die Kanzlerin. "Und das ist es ja, was ich glaube, nicht nur mich, sondern uns alle umtreibt und was wir uns alle wünschen". Die protestantische Kanzlerin und CDU-Vorsitzende war nach ihrer Forderung vom Dienstag, der Papst möge doch klarstellen, dass eine Leugnung des Holocaust nicht geduldet werde, in den eigenen Reihen kritisiert worden.

Kritik hält an

Die Kritik hielt auch am Donnerstag an. Mehrere Politiker, darunter Bundestagspräsident Norbert Lammert und der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (beide CDU), warfen Merkel eine Einmischung in Kirchenangelegenheiten und einen unangemessenen Ton gegenüber dem Kirchenoberhaupt vor.

Ehrenamtliche Mitarbeiterin im Beratungssgespräch bei der Telefonseelsorge am 22.05.03 in Bielefeld
Die Telefone der Hotlines laufen heißBild: dpa

Dagegen hielt ihr der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bosbach, die Stange. Es sei legitim, "dass und wie sie sich geäußert hat", sagte Bosbach der Nachrichtenagentur AFP. "Ich stehe nach wie vor dazu." Merkel habe zudem nicht zu Glaubensfragen Stellung genommen. Die Debatte sei "keine rein innerkirchliche Angelegenheit".

Das sieht die erz-konservative Piusbruderschaft, der der umstrittene Bischof Williamson angehört, anders. Der Leiter des deutschen Distrikts der Bruderschaft, Pater Franz Schmidberger, warf Merkel vor, es sei "nicht ihre Angelegenheit", sich in kirchliche Belange einzumischen. Sie sei nicht katholisch und verstehe das nicht. Auch Benedikt XVI. soll über die offene Kritik aus Deutschland verärgert sein. Der CDU-Politiker Georg Brunnhuber berichtete, diesen Eindruck habe er bei einem persönlichen Gespräch mit dem Papst gewonnen.

Hotlines laufen heiß

Derweil laufen wegen der Entscheidung des Papstes in vielen Städten wie in Mannheim die Telefone einer neuen Kirchen-Hotline heiß. Pater Martin von der Mannheimer Citiypastoral sagte der katholischen Nachrichtenagentur KNA, die Menschen seien verunsichert und fragten, ob der Papst die Öffnung der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wieder zurücknehmen wolle. Allein am Donnerstag seien mehr als 300 Anrufe aus dem ganzen Bundesgebiet beantwortet worden. Dabei seien etwa zwei Drittel der Anrufer traurig und zornig über die Rücknahme der Exkommunikation der Traditionalisten-Bischöfe. Einige hätten angekündigt, aus der Kirche austreten zu wollen. Das restliche Drittel drücke Empörung darüber aus, dass der Papst unsachlich und unverhältnismäßig kritisiert werde. (hy)