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Handy-Markt reif für Billig-Anbieter

Michael Knigge6. Mai 2004

Der europäische Mobilfunk-Markt steht vor dem Umbruch. Was die Airline- und Mietwagen-Branche schon hinter sich hat, sorgt nun auch in den Konzernzentralen der Mobilfunk-Betreiber für Unruhe: Billig-Anbieter.

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Alternative: Neues Handy oder billige TarifeBild: AP

Es war nur eine Frage der Zeit. Mit Kampfpreisen und aggressiver Werbung haben Billig-Fluggesellschaften wie Ryanair, Easyjet oder German Wings den klassischen Airlines in den vergangenen Jahren das Fürchten gelehrt und Marktanteile abgenommen. Jetzt ist auch die Mobilfunk-Branche reif für die Billig-Anbieter.

Denn nach einer langen Wachstumsphase gilt der europäische Mobilfunk-Markt inzwischen als gesättigt. Rund 80 Prozent der Menschen besitzen inzwischen ein Handy, das Neukunden-Segment ist abgegrast. Die Folge: "In den nächsten Jahren wird eine Segmentierung des Marktes stattfinden, ähnlich wie bei den Fluggesellschaften", prognostiziert Roman Friedrich, Geschäftsführer und Telekom-Experte der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton Deutschland im Gespräch mit DW-WORLD. Nach einer Analyse der Beratungsfirma steht der europäische Mobilfunk-Markt vor einer Wende. "Bis Ende des Jahres wird es in Europa mehrere Billig-Anbieter geben und in ein bis spätestens zwei Jahren wird in fast jedem Land mindestens ein großer Low-Cost-Carrier auf dem Markt sein."

Bis zu 60 Prozent billiger

Bei den Kunden werden die Handy-Billigheimer ähnlichen Zuspruch finden wie Low-Cost-Airlines oder Billig-Mietwagen-Anbieter. Rund 20 Prozent der Mobilfunk-Kunden könnten zu einem Discount-Betreiber wechseln, schätzt Telekom-Experte Friedrich. Wer sein Handy nur zum Telefonieren nutzt, kein Interesse an technologischen Schnickschnack hat und zu Abstrichen beim Service bereit ist, für den sind Billig-Anbieter eine Alternative. Die Belohnung: Low-Cost-Carrier können Preisreduzierungen von 30 bis 40 Prozent, im Extremfall sogar bis zu 60 Prozent erzielen und an ihre Kunden weitergeben.

Wer dagegen das neueste Handy in der Tasche haben will, auf eine Kunden-Hotline Wert legt und sich für Spiele oder Musik-Downloads interessiert, wird von den Billig-Anbietern enttäuscht. "Sie verzichten auf alles, was großen Aufwand oder Produktentwicklungskosten verursacht", erläutert Roman Friedrich.

Branchenschreck Telmore

Beispiel Telmore: Der dänische Mobilfunk-Betreiber hat die Branche mit deutlich niedrigeren Preisen als die Wettbewerber aufgeschreckt. Die Aufregung beim Staatskonzern Tele Danmark war derart groß, dass der Platzhirsch schnell seine Anteile an Telmore so weit aufstockte, bis man die unternehmerische Kontrolle übernehmen und die Preispolitik kontrollieren konnte.

Seitdem werden bei allen Mobilfunk-Anbietern Szenarien erarbeitet: Soll ich als erster mit einem Billig-Anbieter den Markt besetzen oder auf den Zug des Konkurrenten reagieren? Dass die Billig-Anbieter europaweit tatsächlich auf den Markt drängen, gelte inzwischen in allen Konzern-Zentralen als ausgemacht, sagt Friedrich und ergänzt: "Nach Telmore gelten in der Branche tele.ring aus Österreich und Sunrise in der Schweiz als heiße Kandidaten für den Umbau zum Low-Cost-Carrier. Außerdem sitzen in Schweden und den Niederlanden mehrere Gesellschaften in den Startlöchern."

Reif für den Einstieg

Aber auch in Deutschland werden bald neue Anbieter den Markt aufmischen. Die gegenwärtige Markt-Struktur mit zwei großen und zwei kleineren Anbietern gilt in der Branche als instabil und ist damit geradezu prädestiniert für den Einstieg eines Billig-Carrier. Die Frage ist nur noch: Wer wagt den ersten Schritt?