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Hardliner gewinnt Wahl in Kolumbien

Johannes Beck / pf27. Mai 2002

Kolumbien hat einen neuen Präsidenten gewählt. Der konservative Alvaro Uribe konnte die Wahl für sich entscheiden. Er vertritt eine strenge Politik im Kampf gegen die linken Rebellen und rechten Paramilitärs.

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Alvaro UribeBild: AP

Bei den Präsidentschaftswahlen in Kolumbien hat sich am Sonntag der für eine harte Linie gegenüber den Rebellen eintretende Kandidat Alvaro Uribe durchgesetzt. Er erklärte sich vor seinen Anhängern zum Wahlsieger und rief die Rebellen auf, die Waffen niederzulegen.

Nach Auszählung von 9) Prozent der Stimmen entfielen nach offiziellen Angaben mehr als 53 Prozent der Stimmen auf den früheren Regional-Gouverneur der Bewegung "Kolumbien Zuerst". Horacio Serpa (59) von der oppositionellen Liberalen Partei kam auf 31,7 Prozent der Stimmen. Serpa sagte: "Ich akzeptiere die Niederlage." Uribe sei der gewählte Präsident in Kolumbien. Um eine Stichwahl am 16. Juni zu vermeiden, musste ein Kandidat die absolute Mehrheit erreichen. Uribe sagte in seinem Wahlhauptquartier, er bitte Gott, ihm die Kraft zu geben, dass er dem Land dienen könne. Er wolle eine Demokratie in Sicherheit. Er forderte gewalttätige Gruppen zugleich auf, ihre Waffen niederzulegen.

Kolumbien ist seit Jahrzehnten gegeißelt von Bürgerkriegen, Drogen- und Alltags-Kriminalität. Dennoch ist es eine der stabilsten Demokratien Lateinamerikas geblieben. Bis auf wenige Jahre Militärherrschaft regieren den Andenstaat seit 140 Jahren gewählte Präsidenten.

Kandidatin entführt

Eine seit Monaten entführte Kandidatin, Wahlkampfauftritte in schusssicheren Westen, Guerrilla-Gebiete, in denen wahrscheinlich gar nicht abgestimmt werden wird: Die Präsidentschaftswahlen Kolumbiens fanden unter erschwerten Bedingungen statt.

Die grüne Kandidatin Ingrid Betancourt - sie ist eine der beliebtesten Senatorinnen des Landes - war Ende Februar von der kommunistischen Guerrilla FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia, deutsch: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) entführt worden, als sie in die ehemalige Sicherheitszone der Rebellen reiste. Zuvor hatte die Guerrilla bereits einen Senator und das Linienflugzeug, in dem er unterwegs war, in ihre Gewalt gebracht.

Präsident Andrés Pastrana, der nicht für eine weitere Amtszeit amtieren darf, bemühte sich um eine friedliche Lösung des Konfliktes mit den FARC. Er stand den auf 16.000 Mann geschätzten Guerrilleros ein Gebiet von der Größe der Schweiz bei San Vicente del Caguán im Südosten Kolumbiens zu.

Rebellen ungezähmt

Die monatelangen Verhandlungen brachten aber keine konkreten Ergebnisse. Die FARC sprengten weiter Strom-Masten, Öl-Pipelines und Polizeistationen in die Luft. Zudem entführten die Rebellen zahlreiche Menschen, um Lösegeld zu erpressen. Die FARC finanzieren sich, kolumbianischen Schätzungen zu Folge, zu 48 Prozent über den Drogenhandel. Die ungebremsten Aktivitäten der Guerrilla ließen die öffentliche Zustimmung für die Politik Pastranas stark sinken.

Unabhängiger ist Favorit

Vor allem der unabhängige Wahlsieger Álvaro Uribe, einstmals Mitglied der liberalen Partei, forderte in seinem Wahlkampf unablässig ein härteres Durchgreifen gegen Guerrilla-Gruppen wie die FARC oder das Nationale Befreiungsheer ELN (Ejército de Liberación Nacional). Im vergangenen Monat wäre Uribe fast selbst Opfer eines Anschlages geworden. Auf seinen Auto-Corso wurde ein Sprengsatz geworfen, der vier Zuschauer das Leben kostete.

Der Kandidat der regierenden Konservativen von Präsident Pastrana, Juan Camilo Restrepo, hatte sich zurückgezogen, nachdem zahlreiche konservative Abgeordnete Uribe unterstützt hatten - ein klares Zeichen für den Machtverfall der beiden traditionellen Parteien des Landes, der Liberalen und der Konservativen.

Hohe Mordrate

Auch ohne Bürgerkrieg erwartet den neuen Präsidenten ein schweres Erbe. Die Alltags-Kriminalität gehört zu den höchsten Lateinamerikas. Jährlich sterben etwa 23.000 Menschen durch Gewalt in Kolumbien. Und das weitgehend straflos, da nicht einmal jeder zwanzigste Mörder verurteilt wird. Dazu kommt eine Arbeitslosigkeit von 18 Prozent und ein weiter blühender Anbau und Handel von Kokain.