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Hardliner liegen in Nordirland vorn

Wim Abbink28. November 2003

Nicht nur der Frieden in Nordirland lässt auf sich warten - auch die Ergebnisse der Parlamentswahl. Nach ersten Ergebnissen zeichnete sich aber eine Stärkung der radikalen Kräfte ab.

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Parlament als Festung:<br>das Stormont in BelfastBild: AP

Begünstigt wurde dieser Trend offenbar von einer schwachen Wahlbeteiligung, die nach Schätzung der Wahlkommission auf unter 60 Prozent der 1,1 Millionen Stimmberechtigten zurückging. Vor fünf Jahren gaben noch 69 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bis zur Bekanntgabe des offiziellen Endergebnisses der Wahl vom Mittwoch (26.11.2003) müssen sich die Nordiren allerdings noch gedulden. Die Auszählung der Stimmen ist auf Grund des komplizierten Wahlverfahrens sehr zeitaufwendig.

Nach mehr als einem Jahr unter britischer Direktverwaltung galt die Wahl eines neuen Regionalparlamentes als neue Chance für die im Oktober 2002 suspendierte Vier-Parteien-Koalition aus Protestanten und Katholiken. Großbritannien hatte die Selbstverwaltung in Belfast ausgesetzt, weil die Protestanten wegen angeblicher IRA-Spione im Regierungsapparat ihren Rückzug aus dem Kabinett angedroht hatten.

Sinn Fein und radikale Unionisten in Front

Das schlechte Wetter, aber auch die früh einbrechende Dunkelheit seien dafür verantwortlich gewesen, dass die Beteiligung zu wünschen übrig ließe, hieß es in Belfast. Um die 108 Sitze im Parlament von Belfast bewarben sich 256 Kandidaten, die für insgesamt 16 Parteien oder als Unabhängige antraten. Jeder der 18 Wahlkreise wird letztlich sechs Abgeordnete entsenden. Die Wähler konnten dabei je nach Präferenz Rangplätze zuordnen.

Nach einer Wählernachfrage des irischen Rundfunksenders RTE hat die der IRA nahe stehende Sinn Fein 20 Prozent der Stimmen der ersten Präferenz erhalten, die moderate sozialdemokratische und Arbeitspartei (SDLP) 16 Prozent. Bisher war die SDLP die stärkere der proirischen Parteien. Bei den Protestanten kamen die radikalen Demokratischen Unionisten (DUP) von Ian Paisley der Wählernachfrage zufolge auf um die 25 Prozent. Sie wären damit genauso stark wie die gemäßigten Ulster-Unionisten von David Trimble.

Der 77-jährige Paisley machte am Donnerstag noch einmal deutlich, dass seine Partei eine Beteiligung der Sinn Fein an einer künftigen Regierung nicht zulassen werde. "Wir werden nicht mit einer Bande von Lügnern und Mördern reden", sagte er in seinem Wahlkreis North Antrim nördlich von Belfast. Ausgerechnet in Paisleys Wahlkreis lag nach vorläufigen Ergebnissen jedoch der Sinn-Fein-Kandidat Philip McGuigan in Führung.

Weitere Polarisierung befürchtet

Im Wahlbezirk North Belfast, der statistisch gesehen zu den gefährlichsten Bezirken Nordirlands zählt und in dem die sozialen Unterschiede deutlicher sind als irgendwo anders in der Provinz, gewannen die Kandidaten von Paisleys DUP und der Sinn Fein die Stimmen der ersten Präferenz. Beide radikalen Parteien dürften wohl noch jeweils einen zweiten Kandidaten durchbringen. Bei der letzten Wahl stellten DUP und Sinn Fein in dem Bezirk nur jeweils einen Abgeordneten.

Der dort bereits gewählte Sinn-Fein-Kandidat ist der ehemalige IRA-Terrorist Gerry Kelly. Er ist für Autbombenanschläge in London 1973 verantwortlich und führte 1983 einen Massenausbruch von IRA-Häftlingen an. Im Bezirk West Belfast gewann erwartungsgemäß der Sinn-Fein-Führer Gerry Adams ein Mandat. Seiner Partei werden in dieser Hochburg der Sinn Fein bis zu fünf Mandate vorhergesagt. Befürchtet wird durch das sich abzeichnende Wahlergebnis eine weitere Polarisierung in der britischen Unruheprovinz.