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Harsche Kritik an Frankreichs Roma-Politik

Marion Linnenbrink9. September 2010

Im Streit um die Abschiebung von Roma aus Frankreich fordert Rumäniens Präsident Basescu ein Umdenken. Mit französischen Politikern will er das Problem diskutieren. Das Europaparlament berät ebenfalls über die Vorgänge.

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Rumäniens Staatspräsident Traian Basescu bei einer Pressekonferenz (Foto: dpa)
Klare Worte sprach Präsident Basescu im Vorfeld des TreffensBild: picture alliance/dpa

Vor dem Besuch von zwei französischen Ministern am Donnerstag (09.09.2010) in Bukarest, hat Rumäniens Präsident Traian Basescu seine Kritik an der Gruppenabschiebung von Roma aus Frankreich wiederholt.

"Das sind unsere Staatsbürger"

Roma besteigen über eine Treppe ein Flugzeug (Foto: AP)
Seit Juli werden Roma aus Frankreich ausgeflogenBild: AP

"Die französische Regierung handelt außerhalb der Bedingungen eines europäischen Staates", sagte Basescu am Mittwochabend. Die kürzlich ausgewiesenen 500 Roma hätten sich keinerlei Vergehen zu Schulden kommen lassen. Basescu räumte aber auch ein, dass sein Land die Verantwortung für die Roma trüge: "Das sind unsere Staatsbürger".

Einwanderungsminister Eric Besson und der französische Europa-Staatssekretär Pierre Lellouche wollen das harte Vorgehen der konservativen Regierung in Paris gegen Roma erklären. Seit Juli wurden dutzende illegale Roma-Lager in Frankreich geräumt. Fast 1.000 Mitglieder der ethnischen Minderheit wurden nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben. Basescu sagte, er werde den französischen Ministern in der Frage der Gruppenabschiebungen "nicht recht geben". Allerdings hoffe er, dass bei dem Besuch eine gemeinsame Lösung für das Problem gefunden werden könne.

Frankreichs Einwanderungsminister Eric Besson (Foto: AP)
Über die Kritik an der Roma-Abschiebung will Eric Besson in Bukarest sprechenBild: AP

In Rumänen formiert sich der Widerstand gegen die Abschiebepraxis des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy derweil weiter. Ein Sprecher der Roma verglich Sarkozy mit dem früheren rumänischen Diktator Marshall Ion Antonescu. Dieser hatte im Zweiten Weltkrieg den Nationalsozialisten nahegestanden. Während des Regimes von Antonescu wurden etwa 11.000 Roma getötet, nachdem sie aus Rumänien deportiert worden waren. Iulian Radulescu kritisierte, dass mit den derzeitigen Abschiebungen viele Roma "für die Verbrechen von wenigen" bezahlten.

Kritik an Wortwahl

Roma-Familie vor einer Hausbaracke (Foto: dpa)
Diese Roma-Familie muss in Rumänien neu anfangenBild: picture alliance/dpa

Auch der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Thomas Hammarberg, übt massive Kritik. Die Abschiebungen der Roma aus Frankreich seien menschenrechtswidrig, sagte der Schwede weiter. Die Menschen würden nicht über ihre Rechte aufgeklärt. Die "angeblich freiwillige Rückreise" sei nicht freiwillig. Die Roma würden vielmehr zur Ausreise gezwungen. "Wer nicht gehen will, wird aus dem Land getrieben."

Zudem bemängelt Hammarberg die Wortwahl der Politiker. Manche benutzen eine Rhetorik, die der von Nazis und Faschisten der 30er und 40er Jahre ähnele, schrieb der Schwede im Internet-Netzwerk Twitter. Mit Blick auf eine Äußerung des französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy zum "fahrenden Volk" sagte Hammarberg, er mache sich "große Sorgen". Die Politiker müssten "verantwortlicher mit ihren Worten umgehen", wenn sie sich zu sozialen Problemen mit den Roma äußerten.

Europaparlament berät

Frankreich hat seit Jahresbeginn rund 8.000 Roma nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben und damit heftige internationale Kritik ausgelöst. Am Samstag hatten in Paris und 130 anderen französischen Städten Zehntausende von Bürgern gegen die Abschiebepraxis und die Auflösung von Roma-Lagern demonstriert. - An diesem Donnerstag berät das Europaparlament über die Lage der Roma in der EU und wird in einer Entschließung Stellung zu den Vorgängen beziehen.

Autorin: Marion Linnenbrink (afp, dpad)
Redaktion: Susanne Eickenfonder