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Harsche Reaktion auf Steuer-Veröffentlichung

Friedel Taube26. Mai 2015

In ihrem Amtsblatt im Internet veröffentlicht die Schweiz die Namen von Personen, nach denen sie im Zusammenhang mit Steuerangelegenheiten sucht. Ist das ein Pranger für Steuersünder? In Deutschland ist man entsetzt.

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Steueroase Symbolbild, Bild: Vincent Isore
Bild: picture-alliance/dpa

Die knapp gehaltenen Mitteilungen sind in bestem Amtsdeutsch formuliert, und wer sie auf der Webseite der Eidgenössischen Steuerverwaltung sehen will, muss ein bisschen danach suchen. Doch dann, im Bundesblatt Nr. 19 vom 20. Mai, stehen sie: Die "Schlussverfügungen über Amtshilfe", die jetzt wieder für Zunder in den deutsch-schweizerischen Beziehungen sorgen. Schwarz auf weiß sind dort die Namen und Vornamen von Personen aufgeführt, deretwegen die Schweizer Steuerbehörde Amtshilfe einleitet. Mit dabei auch einige Deutsche.

Nun hatten deutsche Politiker den Eidgenossen jahrzehntelang vorgeworfen, in Sachen Steuern etwas zu verschwiegen zu sein. Diese Art der Transparenz geht vielen in Deutschland jetzt allerdings zu weit - so auch dem Finanzminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid: "Beim Kampf gegen Steuerhinterziehung geht es nicht darum, einzelne an den Pranger zu stellen, sondern darum, Gerechtigkeit im Sinne der großen Mehrheit der ehrlichen Steuerzahler herzustellen", so Schmid zur dpa: "Die Schweizer Praxis erscheint zumindest verwunderlich."

Verstoß gegen das Steuergeheimnis?

Die deutsche Haltung ist klar: Eine konkrete Nennung von Namen ist nicht mit dem Grundsatz des Steuergeheimnisses zu vereinbaren. Das sieht auch der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans, so. Trotzdem möchte Walter-Borjans die so gewonnenen Information nutzen. "Wenn die Schweiz Namen von Bundesbürgern im Zusammenhang mit möglichen steuerlichen Unregelmäßigkeiten nennt, müssen und werden unsere Behörden dem nachgehen".

Sven Giegold, Abgeordneter für die Grünen im Europa-Parlament, ist entsetzt und sieht gar einen Verstoß gegen Bürgerrechte. "Hier gehen die Schweizer Behörden einen Schritt zu weit", sagt Giegold der DW. "Statt die Namen möglicher Steuerhinterzieher auf diese Weise öffentlich zu machen, sollten sie lieber die Namen mit den Partnerländern austauschen. Dort kann dann eine ordentliche Überprüfung stattfinden." Für die Betroffenen könne das nämlich Auswirkungen haben. Ihr Rechtsschutz sei dadurch gefährdet. "Wir erleben schon jetzt, dass dies zu Vorverurteilungen führt. Bei aller Liebe zur neuen Schweizer Transparenz: Das Vorgehen ist in einem Rechtsstaat nicht angemessen."

Sven Giegold im Portrait, Foto: B90/Die Grünen
Sven Giegold: "Das ist in einem Rechtsstaat nicht angemessen"Bild: Sven Giegold

Veröffentlichung "im Interesse der Betroffenen"

Die Eidgenössische Steuerverwaltung wehrt sich im Gespräch mit der DW gegen die aus Deutschland erhobenen Vorwürfe. Die Veröffentlichungen im Bundesblatt stünden nicht automatisch im Zusammenhang mit Steuerdelikten, sagt Pressesprecher Beat Furrer. "Wenn ein Gesuch um Amtshilfe eingeht, muss die betroffene Person kontaktiert werden. Wenn aber die Bank keine Adresse mehr hat oder kein Konto mehr besteht, dann besteht die Möglichkeit, die Person über das Bundesblatt zu kontaktieren." Dass dabei zu einem Teil Klarnamen und persönliche Daten verwendet werden, sei notwendig. Allerdings: "Es handelt sich hier um die letzte Möglichkeit. Normalerweise funktioniert es, die Bank zu kontaktieren." Die Veröffentlichung sei letztendlich auch im Interesse der Betroffenen, so Furrer - um eventuell Rechtsmittel einlegen zu können. "Das ist ein verfassungsmäßiges Grundrecht."

Screenshot aus einem Dokument des Bundesblatts der Eidgenössischen Bundesveraltung Schweiz, Screenshot: DW
Mit Klarnamen sucht die Schweiz im Bundesblatt nach potentiellen Steuersündern (Schwärzung durch DW)Bild: Bundesblatt der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Schweiz

Dieses "Grundrecht auf Gehör im Ausland", also, dass auch Ausländer die Möglichkeit haben, sich zu steuerlichen Ungereimtheiten zu äußern, ist im Übrigen eine Schweizer Besonderheit. Sie besteht seit 2012 im Schweizer Steuergesetz. In Deutschland gibt es das so nicht. Deshalb gäbe es dort auch keine Veranlassung, im Internet öffentlich und unter Namensnennung nach Ausländern zu fahnden, die sich wegen einer Steuerangelegenheit äußern dürfen. Dass in Zukunft im großen Maße Steuersünder an den Pranger gestellt würden, steht laut der Eidgenossen nicht zu befürchten. Furrer jedenfalls versichert: "Wir werden nicht die Liste der Kunden der HSBC veröffentlichen." Der ein oder andere anonyme Steuersünder dürfte also in seinem stillen Kämmerlein aufatmen.