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Serbien, Syrien, Sorgen

Bernd Riegert28. März 2008

Es sollte eigentlich locker werden, doch die 27 EU-Außenminister haben bei ihrem Treffen im slowenischen Brdo eine volle Agenda: Syrien, Russland, Tibet – und natürlich wieder Serbien und das Kosovo.

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Gastgeber mit offenem Ohr: Dimitrij Rupel
Der Gastgeber der EU-Außenminister hat ein offenes Ohr: Sloweniens Ressortechef Dimitrij RupelBild: picture-alliance/dpa

In zwangloser Atmosphäre ohne Entscheidungsdruck die gemeinsame Außenpolitik zu besprechen, dafür sind die halbjährlichen informellen Treffen der EU-Außenminister sind eigentlich gedacht. Das Thema, das die slowenische Ratspräsidentschaft für das zweitägige Treffen (28-29.3. 2008) im Schloss Brdo nahe der Hauptstadt Ljubljana auf die Tagesordnung gesetzt hatte, heißt: "Europäische Zukunft des westlichen Balkans nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo."

Mann in Slowenien
Eigentlich soll es ganz locker werdenBild: transit-Archiv

Die aktuelle Entwicklung in Tibet und China könnte die Tagung der EU-Chefdiplomaten jedoch überschatten. Schließlich erwartet die Öffentlichkeit eine Aussage, was Europa in dem Konflikt zwischen China und der tibetischen Protestbewegung ausrichten kann und wie es zu einem Boykott der Olympischen Spiele im Sommer in Peking steht. Der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier hat sich bereits gegen einen Boykott der Spiele ausgesprochen, während sein französischer Kollege Bernard Kouchner zumindest ein Fernbleiben der Staatschefs von der Eröffnungszeremonie nicht ausschließt. Der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel verlangt als EU-Ratspräsident Klarheit über die Lage in Tibet von China, sagt aber auch, er sei gegen einen Boykott der Spiele, die ja ursprünglich zur Öffnung der kommunistischen Einparteien-Diktatur beitragen sollten.

Sanktionen tun weh
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU sind so eng, dass wirtschaftliche Sanktionen gegen die Führung in Peking höchst schwer fallen dürften. Das Verhältnis zu China soll nicht mehr belastet werden als unbedingt nötig, denn China wird als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat auf vielen internationalen Konfliktfeldern gebraucht.
Allerdings, warnen EU-Diplomaten, müsse Europa auch seine eigene Glaubwürdigkeit verteidigen. Wenn die Menschenrechte in Tibet verletzt würden, könne man dazu nicht schweigen. Deshalb werden sich die 27 EU-Außenminister wohl darauf verständigen, den klaren Dialog mit China zu verstärken und die Entwicklung in Tibet und die Niederschlagung der Proteste dort genau zu beobachten. Sanktionen stehen im Moment nicht zur Debatte.
Aus dem Europäischen Parlament waren Forderungen nach schärferen Maßnahmen gegen China laut geworden. Parlamentspräsident Hans Gert Pöttering hatte gesagt, er werde das geistige Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama, gerne wieder im Parlament willkommen heißen.
China verbittet sich
China hat sich vor dem Außenministertreffen in Brdo jegliche Einmischung in seine inneren Angelegenheiten verbeten. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums erklärte, die EU solle keine falschen Botschaften an den Dalai Lama senden, den Peking für den Drahtzieher von gewalttätigen Unruhen hält.
Slowenien Politik EU-Ratspräsidentschaft Logo
Frischer Wind? EU-Ratspräsidentschaft Logo von SlowenienBild: picture-alliance/ dpa

Am Samstag (29.3.) wollen die EU-Außenminister mit den Vertretern der westlichen Balkan-Staaten von Kroatien bis Mazedonien beraten, wie die Anbindung der Region an die EU verstärkt und beschleunigt werden kann. Kroatien wird wahrscheinlich 2010 der EU beitreten, mit Mazedonien werden demnächst Beitrittsverhandlungen aufgenommen. Montenegro soll in absehbarer Zeit Kandidatenstatus erhalten. Alle andere Staaten befinden sich noch in Vorstufen zur Mitgliedschaft.

Belastend wirkt der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo. Serbien lehnt die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz ab, während die Mehrheit der EU-Mitglieder das überwiegend von Albanern bewohnte Kosovo als Staat anerkennt.
Hoffen auf die Wahl
Die EU-Außenminister hoffen nun, dass die vorgezogenen Wahlen in Serbien Anfang Mai zu einer europa-freundlicheren Regierung führen. Allerdings will keine der Parteien auf das Kosovo verzichten. Es besteht die Gefahr, dass die EU-Gegner in Serbien eine Mehrheit erlangen könnten: "Das kann passieren", sagte der slowenische Außenminister Rupel der Deutschen Welle. "Wenn sich Serbien entscheidet, nicht Teil der EU zu sein, müssen wir eben noch ein bisschen länger warten. Am Ende wird Serbien natürlich der EU beitreten. Ich habe keinen Zweifel, dass Serbien früher oder später eine europäische Zukunft haben wird. Das müssen selbstverständlich die Serben entscheiden."
Dem Kosovo wird die EU massiv beim Aufbau eines Staatswesens helfen. Zurzeit wird eine Polizei und Justizmission mit nahezu 2000 Mann aufgebaut. Die EU wird außerdem die Oberaufsicht über das Kosovo übernehmen, sobald von den Vereinten Nationen dazu grünes Licht kommt. Doch dort blockiert der serbische Verbündete Russland, dass die UN der EU offiziell den Auftrag für die “überwachte Unabhängigkeit” gibt: "Wir wollen die Stabilität und den Wohlstand im Kosovo sichern und ermöglichen", sagt Rupel. "Das ist die zweite Frage. Zuerst geht es um Hilfe für Serbien und zweitens um die Stabilität des Kosovo."
EU Erweiterungskommissar Ollie Rehn in Slowenien
Glücklich sieht anders aus: Ollie RehnBild: AP

Die EU-Außenminister wollen verhindern, dass Kosovo sich noch weiter aufspaltet und die Serben im Norden des Kosovo ihre Zugehörigkeit zum Mutterland weiter zementieren. In den letzten Wochen kam zu heftigen Konfrontationen zwischen der serbischen Minderheit und den UN-Polizisten und der NATO-geführten Kosovo-Truppe. Die EU hat keine direkte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Serben im Norden des Kosovo, beklagen EU-Diplomaten.

Sorgen macht dem EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn auch Bosnien-Herzegowina, wo sich die drei Volksgruppen moslemische Bosnier, Kroaten und Serben auch 13 Jahre nach dem Bürgerkrieg nur schwer auf funktionierende staatliche Institutionen einigen können. Von einer grundlegenden Polizeireform blieb nur eine leere Hülle, so Kritiker. Im April will Olli Rehn trotzdem das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Bosnien-Herzegowina unterzeichnen, das eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Mitgliedschaft darstellt.