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Harte Urteile im "Ergenekon"-Prozess

5. August 2013

Der Prozess gegen das mutmaßliche Putschnetzwerk Ergenekon ist in der Türkei mit der Verkündung hoher Haftstrafen zu Ende gegangen. Mehr als 270 Angeklagte standen vor Gericht. Vor dem Gebäude in Silivri gab es Proteste.

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Proteste vor der Bekanntgabe der Urteile im Ergenekon-Prozess (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Bulent Kilic/AFP/Getty Images

Der prominenteste der Angeklagten, der ehemalige Generalstabchef Ilker Basbug, wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Neben ihm erhielten auch der frühere Kommandant der Gendarmerie, Sener Eruygur, der ehemalige Kommandeur der ersten Armee, Hürsit Tolon sowie der Journalist Tuncay Özkan und der links-nationalistische Parteiführer Dogu Pericek lebenslange Freiheitsstrafen.

Ein früherer Oberst muss für 47 Jahre ins Gefängnis, ein Journalist der Zeitung "Cumhurrieyet" für 35 Jahre. 21 der 275 Angeklagten wurden freigesprochen, 16 weitere Verurteilte kamen nach der Verrechnung ihrer langjährigen Untersuchungshaft frei. Gegen alle anderen Angeklagte wurden Gefängnisstrafen zwischen zwei und 50 Jahren verhängt. Die Urteile werden jetzt vom Berufungsgericht in der Hauptstadt Ankara überprrüft.

Polizei geht gegen Demonstranten vor

Den Verurteilten, unter ihnen prominente Politiker, Anwälte, Journalisten und ranghohe Militärs wird vorgeworfen, einen terroristischen Putsch gegen die islamisch-konservative AKP-Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vorbereitet zu haben. Die Opposition wirft der Regierung dagegen vor, den "Ergenekon"-Fall zur Abrechnung mit politischen Gegnern zu missbrauchen.

Der Prozess in einem Gericht im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Türkische Medien berichteten, die Polizei sei in der Umgebung des Gerichts mit Tränengas gegen rund 10.000 Demonstranten vorgegangen, die sich dort trotz eines Versammlungsverbots eingefunden hatten. Sicherheitskräfte hätten die Zufahrtsstraßen nach Silivri komplett abgeriegelt.

Proteste nach Mammutprozess

Terror-Organisation oder harmlos?

Die türkische Generalstaatsanwaltschaft stuft die ultranationalistische Untergrundgruppe "Ergenekon" als terroristische Vereinigung ein. Die Organisation strebt den Anschuldigungen zufolge eine Wiedererrichtung des Großtürkischen Reiches an. Der Name "Ergenekon" geht auf ein sagenhaftes Tal zurück, in dem die Turkvölker der Legende nach einst Zuflucht fanden. Seit Jahrzehnten wird der nationale Mythos politisch instrumentalisiert.

"Ergenekon" steht außerdem im Verdacht, sich auch über mafiöse Geschäfte und den Drogenhandel zu finanzieren. Die Justiz geht seit 2007 gegen die Gruppe vor. Insgesamt wurden mehr als 400 Menschen festgenommen. In einem gesonderten Putsch-Prozess waren im vergangenen Jahr mehr als 200 Angeklagte, darunter ebenfalls hohe Offiziere, zu teils langen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie in einer Militärübung einen Staatsstreich gegen Erdogan geplant haben sollen.

gmf/mm/re (afp, dpa, rtr)