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Hartz IV kann kommen

9. Juli 2004

Die große Arbeitsmarktreform "Hartz IV" kommt am 1. Januar 2005 mit halbjähriger Verspätung. Jetzt sind zwei Systeme unter einem Dach.

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Peter Hartz und seine Kommission haben sich durchgesetztBild: AP


Das nach den Vorschlägen der Kommission um den VW-Manager Peter Hartz benannte Gesetz, das unter anderem die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe

zu einer einheitlichen Grundsicherung vorsieht, hätte schon zum 1. Juli in Kraft treten sollen. Für die Verzögerung sorgten Streitereien darüber, wie die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Arbeitsagenturen organisiert und finanziert wird.

Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen: Kernpunkt ist die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit Betreuung unter einem Dach. Damit sollen das Nebeneinander von zwei unterschiedlichen System abgeschafft und erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger in die aktive Arbeitsvermittlung eingebunden werden. Dazu gehört ein intensives Fallmanagement: Künftig soll sich ein Betreuer nur noch um 75 Arbeitssuchende kümmern statt wie bisher um hunderte. Für Jugendliche soll dieser Schlüssel gleich zu Beginn verwirklicht werden, bei den Erwachsenen müssen sich vorerst noch etwa 150 einen "persönlichen Ansprechpartner" teilen.

Verschärfte Zumutbarkeitskriterien

Die Zumutbarkeitskriterien werden verschärft. Prinzipiell gilt jetzt jede legale Arbeit als zumutbar, auch wenn sie deutlich unter Tarif bezahlt wird. Von den Arbeitslosen wird mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit verlangt. Wer Job-Angebote ausschlägt, muss erhebliche finanzielle Kürzungen in Kauf nehmen. Jugendlichen bis 25 Jahre kann die bare Unterstützung sogar ganz gestrichen werden. Dafür wird ihnen versprochen, dass jeder künftig "unverzüglich" in Arbeit oder Ausbildung, Qualifizierung oder Praktika vermittelt wird. Außerdem macht ein neu geschaffenes Einstiegsgeld in Form eines zeitlich befristeten

Arbeitnehmerzuschusses auch die Aufnahme einer Tätigkeit attraktiv, die nicht so gut bezahlt ist.

Das neue Arbeitslosengeld II liegt auf Höhe der Sozialhilfe. Die Regelleistung beträgt im Westen 345 Euro und im Osten 331 Euro monatlich - Unterkunft, Heizung und sonstige Zulagen nicht eingeschlossen. Um finanzielle Härten abzufedern, gibt es bei Auslaufen des regulären Arbeitslosengeldes einen auf zwei Jahre befristeten Zuschlag. Für Hinzuverdienste gelten höhere Freibeträge als bei der bisherigen Sozialhilfe.

Anrechnungen und Freibeträge

Das Einkommen von Partnern wird stärker angerechnet, ebenso das Vermögen. Dabei gelten Freibeträge von 200 Euro pro Lebensjahr für Bargeld und noch einmal 200 Euro pro Lebensjahr für Vermögen, das für die Altersvorsorge bestimmt ist; maximal jeweils 13.000 Euro. Riester-Renten werden nicht angerechnet. Der Fragebogen, den Antragsteller auszufüllen haben, ist so umfangreich und kompliziert, dass er noch einmal überarbeitet werden soll.

Bis zuletzt umstritten war die Organisation der Betreuung. Nun sollen im Regelfall die Kommunen und die regionalen Arbeitsagenturen in Arbeitsgemeinschaften zusammenarbeiten. Das wird bereits in 25 Städten erprobt. Daneben erhalten bundesweit 69 Kommunen die Möglichkeit, die gesamte Betreuung in Eigenregie zu übernehmen.

Der Bund hat seine Finanzhilfen auf 3,2 Milliarden Euro aufgestockt, wovon unterm Strich 2,5 Milliarden als Entlastung für die Kommunen bleiben sollen. Eine Revisionsklausel sorgt dafür, dass regelmäßig nach den tatsächlichen Kosten abgerechnet wird, so dass die endgültige Summe auch darüber oder darunter liegen kann. (ali)