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Hast du Töne?

14. August 2002

Das Deutsche Rundfunkarchiv beherbergt eine der größten Sammlungen historischer Ton- und Bildträger. Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist es für jedermann zugänglich - wenn auch nur für kurze Zeit.

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Das "Lautarchiv des deutschen Rundfunks" wird 50Bild: AP

Von der unruhig schwingenden, gelben Gelatineplatte kommen knisternde und rauschende Töne. "Hallo? Hallo! Hier spricht XYZ ..." Die Aufnahme vom 15. November 1940 ist noch gut erhalten. Ein deutscher Soldat hatte sie in Norwegen für seine Familie zu Hause besprochen. Raritäten wie diese und viele andere Schätze lagern in den Magazinen des Deutschen Rundfunkarchivs in Frankfurt am Main und Potsdam-Babelsberg.

Die 900 in bunten Büchsen aufbewahrten Edison-Zylinder, 2200 Schallfolien und 3600 Tonbänder der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft gehören zu den ältesten Tonträgern, quittegelbe Gelatine-Platten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den originellsten. Aus dem Jahr 1888 stammt das älteste Stück des Archivs: Eine Laudatio des englischen Komponisten Arthur Sullivan auf die "wundervolle Erfindung" der ersten Sprechmaschine.

Jäger und Sammler

"Wir sammeln, archivieren, erschließen und dokumentieren alle Bild-, Ton- und Schriftdokumente", sagt die Vorstandsvertreterin Anke Leenings. "Viele Stücke geben uns auch Privatleute, die beim Durchstöbern des Dachbodens Raritäten finden." Neben den Rundfunkanstalten nutzen Studenten, Wissenschaftler, Forscher und Interessenten aus der ganzen Welt die Hilfe des Archivs. "Es kommt vor, dass jemand zum Beispiel aus Chile anruft und nach einem früher musizierenden Ahnen sucht", erklärt Leenings.

Magazine in der Unterwelt

Drei unterirdische Magazine - 18 Grad kühle "Bunker" - beherbergen die mehr als 100.000 Schellackplatten, die historischen Bänder vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart sowie Bildmaterial. Dunkel und eng ist es. Ein verstaubter Büchergeruch weht aus den mit Neonlicht beleuchteten Räumen entgegen. Auf rund 40 Metern Länge und etwa fünf Metern Breite stapeln sich die Schätze - in Fahrregalen und fein säuberlich nach Datenbanknummern geordnet.

Lebendige Rundfunkgeschichte

Zum Jubiläum präsentiert das Rundfunkarchiv außerdem die Ausstellung "re:play". Neben vielen Bild- und Tondokumenten können die ersten technischen Abspielgeräte bewundert werden: ein Edison-Phonograph von 1908 mit der blauen Wachswalze "Blue Amberol", der einfache Walzenspieler von Biedermann & Czarnikow (1902), eine Plattenspieldose mit Lochkarte (1895) oder das erste zusammenlegbare Taschengrammophon von 1926. Alte Tonbänder, Kohle-Mikrofone und vieles andere mehr können bewundert und angehört werden, darunter Bertold Brechts "Der Flug der Lindberghs" oder Alfred Döblins "Geschichte von Franz Biberkopf" mit Heinrich George in der Hauptrolle - beide von 1930.

Die tägliche Arbeit der Techniker

Ein Plattenspieler, eine spezielle Nadel und entsprechende Vorentzerrung seien die Voraussetzung, um die alten Platten aus Zelluloid, Decelith, Aluminium oder Gelatine abspielen zu können, erklärt der Leiter der Tontechnik, Mathias Helling. Über ein Mischpult und entsprechende elektronische Geräte ist der Plattenspieler mit dem Computer verbunden. Zwei Aufnahmen seien die Regel: eine werde bearbeitet, die andere im Originalzustand übernommen. Die Aufnahmen werden dann direkt in die Datenbank transferiert und stehen digital für den Programmaustausch zur Verfügung. Kanpp drei Millionen Tonbeispiele hat das Archiv gespeichert. (dpa/arn)

Hinweis: Das Rundfunkarchiv in Frankfurt am Main ist bis zum 23. August 2002 für Besucher offen.