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Haushaltslöcher tun sich auf

Gerda Meuer, Brüssel13. Mai 2003

Finanzminister Eichel wird im Kreis der Euro-Finanzminister die deutsche Defizitentwicklung ansprechen. Der Druck aus Brüssel nimmt zu, doch Berlin ist nicht allein. Auch andere Euro-Länder versinken im Haushaltsloch.

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Unangenehme Fragen warten auf Hans EichelBild: AP

Für Finanzminister Hans Eichel gab es in Brüssel schon eine ganze Reihe von unangenehmen Ratssitzungen. Etwa, als sich Eichel im vergangenen Jahren vehement dagegen wehrte, einen so genannten Blauen Brief aus Brüssel wegen des deutschen Haushaltsdefizits zu bekommen. Eichel kämpfte über Monate gegen die Abmahnung, verwies auf die starken, gesunden Fundamentaldaten der deutschen Wirtschaft, um dann doch letztendlich kleinlaut in der Runde seiner Amtskollegen zugeben zu müssen: Deutschland konnte 2002 die Defizitobergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes nicht halten. Es verstieß damit gegen den Pakt von Maastricht, den Deutschland einst federführend miterfunden hatte, um die Stabilität der Gemeinschaftswährung zu garantieren.

Keine Einhaltung der Obergrenze

Auch die aktuelle Ratssitzung von Europas Haushältern am Montag und Dienstag (12./13. Mai) wird einen kleinlauten Hans Eichel erleben. Nach dem Offenbarungseid des Finanzministers vom Wochenende erwarten seine Kollegen in Brüssel, dass der Minister ihnen en détail über die Entwicklung der deutschen Haushaltslage berichtet. Denn auch in diesem Jahr, so hatte Eichel jetzt eingeräumt, werde Deutschland die EU-Obergrenze für die Neuverschuldung nicht einhalten können. Und für das erklärte Ziel und das Versprechen an Brüssel, bis 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, kam auch das Aus: Es müsse schon ein ökonomisches Wunder geschehen, wenn er das bis 2006 schaffen solle, erklärte Eichel.

Diese Aussagen wird der Minister jetzt in Brüssel erläutern müssen. Die EU-Kommission erklärte bereits vorsorglich, die neuen Zahlen über die Haushaltsentwicklung seien nicht überraschend, weil die Wachstumsziffern deutlich niedriger lägen als ursprünglich von Berlin prognostiziert. Jetzt gelte es, dass Deutschland sich an strukturelle Reformen begebe, etwa der Umsetzung der Agenda 2010.

Hausaufgaben machen

Ohnehin steht Berlin unter dem Druck von Brüssel, seine Hausaufgaben zu machen. Seit Anfang des Jahres läuft ein Defizitverfahren gegen Deutschland. Und am 21. Mai wird Eichel der EU-Kommission ein Sanierungskonzept vorlegen. Brüssel muss dann entscheiden, ob Berlin die richtigen Schritte zum Sparen und zur Konsolidierung des Haushaltes eingeleitet hat. Die Vorgabe lautet: Das konjunkturbereinigte Defizit muss in diesem Jahr um ein Prozent sinken.

Aber: Jedes Euro-Land, gegen das ein Defizitverfahren läuft, hat insgesamt zwölf Monate Zeit, um seine Finanzen in Ordnung zu bringen: Für Eichel heißt das: Abgerechnet und eventuell bezahlt wird erst 2004, und dann kann es teuer werden. Im Extremfall müsste Deutschland eine Busse von bis zu zehn Milliarden Euro nach Brüssel zahlen.

Doch ein, wenn auch schwacher, Trost bleibt Hans Eichel: Die anderen im Club sind nicht besser dran, mehrere große Euro-Länder versinken ebenfalls im Defizit. So hat die EU-Kommission jetzt gegen Frankreich ein Defizitverfahren vorgeschlagen. Schon im vergangenen Jahr überschritt Paris die 3-Prozent-Marke, in diesem Jahr rechnet Brüssel mit einer Neuverschuldung von 3,7 Prozent. Und bei diesem Treffen der EU-Finanzminister geht es deshalb nicht nur um den deutschen Haushaltssünder Hans Eichel, sondern die Minister sollen auch einem Defizitverfahren gegen Frankreich zustimmen.