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Haute Couture auf dem Laufsteg

Elena Klein28. Januar 2016

Extravagante Modelle und sündhaft teure Stoffe: Vier Tage lang präsentierten die Pariser Modehäuser ihre exklusive Haute Couture. Für Normalsterbliche ist die hohe Schneiderkunst allerdings unerschwinglich.

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Paris 2016 spring/summer Haute Couture collection Modenschau - Jean Paul Gaultier
Bild: Getty ImagesAFP/M. Medina

Paris, das ist Eleganz und der exklusive Chic der Frauen, die auf Stöckelschuhen leichtfüßig über die Champs-Élysées tänzeln. Paris, ein Sehnsuchtsort für viele sowie Nabel der Modewelt. Haute Couture hat hier eine lange Tradition. Zweimal im Jahr präsentieren die großen Namen der Branche von Versace bis Chanel hier ihre neue Kollektion. Haute Couture steht für maßgeschneiderte Passgenauigkeit und viel handwerkliches Geschick. An einer extravaganten Schleppe für Chanel arbeiten schon mal 15 Näherinnen 30 Tage lang.

Eingeladen zu den ersten Haute-Couture-Schauen des Jahres vom 24. bis 27. Januar hat, wie immer, das "Chambre Syndicale de la Haute Couture". Der Pariser Modeverband wurde 1973 gegründet und wacht mit Argusaugen darüber, wer in den erlesenen Kreis der Haute-Couture-Designer aufgenommen wird - und wer nicht.

Die Kriterien sind streng, Jahr für Jahr müssen sich die Modehäuser neu bewerben. 2015 schafften es gerade mal 12 Designer in die Liste. Ihre Kreationen müssen maßgeschneiderte, handgefertigte Unikate sein, und die Designer müssen in ihrem Atelier mindestens 15 Schneider oder Schneiderinnen beschäftigen. Pro Schau-Saison im Januar und Juli müssen sie jeweils 35 Modelle entwerfen, sowohl Tages- als auch Abendmode. Ebenso wichtig: Der Hauptsitz des Unternehmens muss in Paris sein - wobei diese Regel im Fall Versace oder Giorgio Armani, beide aus Mailand, gelockert wurde. Dafür müssen sie sich mit dem Titel "Couture" begnügen, ebenso wie von der Chambre als Gäste geladene Modeschöpfer.

Der Erfinder der "Haute Couture"

Was kaum einer weiß: Der Begründer der hohen Schneiderkunst war kein Franzose, sondern ein Brite namens Charles Frederick Worth. Schon mit 13 Jahren machte er eine Lehre als Tuchhändler. Anregungen für eigene Kreationen holte er sich in der National Gallery; die Gewänder auf den Porträts alter Meister inspirierten ihn zu Entwürfen, die er seiner Frau Marie auf den Leib schneiderte und die das Interesse zahlreicher Kundinnen weckten. Im Jahr 1851 bekam Worth auf der ersten Weltausstellung, der "Great Exhibition in London", eine Goldmedaille für seine Kreationen. Vier Jahre später erhielt er bei der Pariser Weltausstellung ebenfalls den ersten Preis - für einen einer Schleppe ähnlichen Mantel.

1858 eröffnete er in Frankreichs Hauptstadt in der "Rue de la Paix" sein eigenes Modehaus, wo er Abendgarderobe aus silbernem Tüll und Pailletten schuf, die er auch schon mal mit Herzen oder Gänseblümchen verzierte. Schnell zählte auch der Hochadel zu seiner Kundschaft. Kaiserin Elisabeth von Österreich, genannt Sissi, oder Königin Victoria ließen ebenso bei ihm schneidern wie die gefeierte Schauspielerin Sarah Bernhardt. 1870 beschäftigte Worth bereits über 1.200 Näherinnen.

Viermal im Jahr stellte er bei Modeschauen seine neuesten Modelle vor, anschließend konnte sich die Kundin das von ihr bevorzugte Kleid mit einem Stoff ihrer Wahl auf ihrer Figur maßanfertigen lassen. Eine Neuheit, denn zuvor war es üblich, dass ein Designer nach den Vorstellungen der Kundinnen schneiderte. Kleider aus dem Hause Worth waren sündhaft teuer und konnten nur von den reichsten Damen der Gesellschaft erworben werden - daran hat sich bei der Haute Couture bis heute nichts geändert.

Keine Magermodels mehr auf dem Laufsteg

Zeichnungen von Haute Couture-Entwürfen
Alle Haute Couture-Entwürfe werden maßgeschneidertBild: DW/D. Prestin

Dabei ist die Haute Couture in den letzten Jahren häufig in die Kritik geraten. Zum einen ist sie, anders als die Prêt-à-porter-Mode von der Stange, nur für wenige erschwinglich, zum anderen machten die Models auf dem Laufsteg meist einen magersüchtigen Eindruck. Das sei ein schlechtes Vorbild für junge Mädchen und nicht mehr tolerierbar, meinte man in Frankreich. Deshalb verabschiedete das Parlament im Dezember 2015 ein Gesetz, das ausgemergelte Models vom Laufsteg verbannt. Die Mannequins müssen nun vor den Shows ein ärztliches Attest vorlegen. Wer von seinem Arzt als zu dünn eingestuft wird, darf eben nicht für die bedeutendsten Modehäuser der Welt laufen. Entsprechend präsentierte Versace bei der Eröffnungsshow zu ihrer Kollektion "Athletic Couture" auch junge Frauen mit betont weiblichen Figuren.

Es bleibt die Frage, wer die extravaganten Modelle eigentlich kauft. Doch die Haute-Couture-Häuser schweigen sich über die Liste ihrer Kundinnen grundsätzlich aus. Sicher ist aber, dass es weltweit nur einige hundert superreiche Käuferinnen sind, die sich regelmäßig Haute Couture leisten.