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Havanna lockt, Washington frohlockt

Astrid Prange28. Februar 2015

Der Geist ist aus der Flasche: Die Annäherung zwischen Kuba und den USA nimmt konkrete Formen an. In einem ersten Schritt könnten im April die Botschaften der beiden Länder wieder eröffnet werden.

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Annäherung Kuba USA - Jubel in Havanna
Bild: Reuters/Stringer

"Beide Seiten meinen es ernst", sagt Bert Hoffmann vom GIGA Institut für Lateinamerika-Studien. Auch wenn Kuba und die USA bei den Verhandlungen über die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen offiziell auf ihren Maximalforderungen beharrten - die Annäherung zwischen beiden Ländern schreite in einem rasanten Tempo voran.

Kuba-Experte Hoffmann, der die politische und wirtschaftliche Entwicklung auf der Insel seit den 1990er Jahren verfolgt, zeigte sich überwältigt von dem Klima der Begeisterung auf der Insel. "Die Stimmung ist riesig", erinnert er sich an seinen jüngsten Aufenthalt Ende Januar, "die Erwartungen sind schon fast überzogen".

Seit der spektakulären Ankündigung vom 17. Dezember 2014, als US-Präsident Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro zeitgleich die Rückkehr zur Normalität diplomatischer Beziehungen ankündigten, geben sich Besucher aus den USA in Havanna die Türklinke in die Hand. Nicht nur Politiker, auch Unternehmer sind dabei, ihre Chancen auszuloten.

Kapitalistische Charmeoffensive

So verkündeten Google, Apple, Netflix und andere Internet-Firmen den Einstieg in den kubanischen Markt. Und demnächst macht nun erstmals ein US-Gouverneur dem Castro-Regime seine Aufwartung: Am 20. April reist Andrew Cuomo, Landesvater des Bundesstaates New York, nach Havanna.

Es ist deshalb nur folgerichtig, dass beide Länder nach über 50 Jahren ihre diplomatische Eiszeit offiziell beenden. Als möglicher Termin für die Wiedereröffnung der Botschaften wird Anfang April gehandelt, unmittelbar vor dem nächsten Amerika-Gipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am 10. und 11. April.

Annäherung Kuba USA - Jubel in Havanna (Foto: Reuter)
Kubaner brechen in Jubel aus, als Castro und Obama am 17. Dezember 2014 eine Annäherung versprechenBild: Reuters/Stringer

An dem OAS-Gipfel in Panama-City wird auch Kuba erstmals teilnehmen. Bei dem hochrangigen Treffen sollen erstmals US-Präsident Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro direkt miteinander ins Gespräch kommen.

Doch was ist mit den politischen Maximalforderungen der beiden historischen Erzfeinde? Kann es überhaupt erfolgreiche Verhandlungen geben, solange das US-Handelsembargo noch in Kraft ist?

Kalte Krieger in der Defensive

Hoffmann ist zuversichtlich, dass ein Ende dieses Reliktes aus dem Kalten Krieg absehbar ist. "Auch wenn die republikanische Mehrheit wenig geneigt sein mag, Obama politische Erfolge zu gewähren: der Geist ist aus der Flasche", meint er. Die Embargo-Verfechter seien mittlerweile in der Defensive.

Kuba fordert zudem die Rückgabe des US-Stützpunktes Guantanamo und die Streichung des Landes von der schwarzen US-Liste der Terrorstaaten. Die USA hingegen bestehen unter anderem auf Meinungsfreiheit, Menschenrechten und freiem Zugang für Kubaner zur amerikanischen Botschaft.

Unter Experten gilt die Streichung Kubas von der schwarzen Liste der Terrorstaaten als einfachstes Zugeständnis. Denn schon zu Beginn der ersten Verhandlungsrunde im Januar hatte Obama US-Außenminister John Kerry gebeten, "den Sachverhalt zu prüfen".

Wohl mit keinem anderen Staat von dieser schwarzen Liste pflegen die USA so intensive Beziehungen wie mit Kuba. Rund 400.000 Exilkubaner aus den USA besuchen jährlich ihre Verwandten auf der Insel. Außerdem reisten 2014 rund 100.000 US-Bürger legal nach Kuba, unter einer der zwölf erlaubten Reisekategorien - darunter "educational travel", also Reisen zu Bildungszwecken.

Auch Brüssel will verhandeln

Nach der ersten Verhandlungsrunde zwischen Washington und Havanna im Januar hatte auch die EU ein Interesse an der Normalisierung der Beziehungen angekündigt. So soll bereits am 4. und 5. März in Brüssel eine neue Runde diplomatischer Gespräche stattfinden. Inzwischen sind auch in Washington die Verhandlungen zwischen den USA und Kuba am Freitag in die zweite Runde gegangen.

Trotz aller Fortschritte und Reformen ist im kubanischen Alltag noch nicht viel vom politischen Aufbruch zu spüren. "Es fehlt an allem", erklärt Rubens Barbosa vom brasilianischen Industriellenverband Fiesp aus São Paulo, der Ende Januar das Land besuchte. "Die Leute wollen jenseits von ideologischen Vorgaben schlicht ein Minimum an Wohlstand erreichen".

Brasilien ist nach China der zweitgrößte Warenlieferant für Kuba, wenn man den Ölverkauf aus Venezuela nicht berücksichtigt. Zudem finanzierte die brasilianische Entwicklungsbank BNDES den Bau des knapp eine Milliarde US-Dollar teuren Containerhafens Mariel in der Nähe von Havanna.

Symbolbild Guantanamo (Bild: dpa)
Kuba fordert die Rückgabe des US-Militärstützpunktes GuantanamoBild: picture-alliance/dpa/AFP

Nach Einschätzung des brasilianischen Industriellen Barbosa wird die kubanische Regierung trotz der geplanten Reformen weiterhin eine "rigide Kontrolle" in Politik und Wirtschaft ausüben. Auch Kuba-Experte Hoffmann weiß, dass die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen nicht automatisch eine demokratische Wende einleiten wird.

"Havanna ist bemüht, die Erwartungen auf einen weitergehenden Wandel zu dämpfen", meint Hoffman. Für die Regierung sei klar, dass der Reformprozess das politische System nicht in Frage stellen dürfe. "Daran wird Castro keine Zweifel aufkommen lassen wollen".