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Havel will Klaus stoppen

14. Mai 2002

– Verhindert der tschechische Präsident eine wiederholte Amtszeit seines Gegners?

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Prag, 13.5.2002, RADIO PRAG, PRAGER ZEITUNG

RADIO PRAG, deutsch, 13.5.2002, Olaf Barth

Kaum mehr fünf Wochen verbleiben bis zu den Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus. Wenn es allerdings nach Staatspräsident Vaclav Havel geht, dann soll die neue Regierung sich nicht allzu sehr von der bisherigen unterscheiden, glaubt zumindest die auflagenstärkste tschechische Tageszeitung "Mlada fronta DNES" zu wissen.

Die besagte Zeitung titelte nämlich am Montag (13.5.) mit den Worten: "Havel plant Regierung der CSSD und der Koalition." Die noch regierenden Sozialdemokraten blieben demnach in der Verantwortung, die vom Havel-Gegner Vaclav Klaus geführte ODS wäre damit zu weiteren vier Jahren Oppositionsarbeit verurteilt.

Der parteilose Präsident habe eine solche Regierung bei seinem jüngsten Treffen mit Vertretern des "Koalition" genannten Bündnisses der beiden liberalen Gruppierungen KDU-CSL und US-DEU gefordert, behaupten die Mlada fronta-Reporter. Eine durchaus plausible These, da Havels Nähe zu den liberalen Gruppierungen der Öffentlichkeit wohl bekannt ist. (...)

Havel hatte bereits vor den letzten Wahlen in Ansprachen an die tschechischen Bürger seine Präferenzen klar zum Ausdruck gebracht. So nannte er zum Beispiel namentlich Politiker der CSSD, der Christdemokraten und der Freiheitsunion, die er sich in der Regierung wünschte - Vertreter der Bürgerdemokraten (ODS) gehörten dabei nicht zu den Auserwählten.

Und auch diesmal hat das Staatsoberhaupt schon einige Botschaften an die Wähler gerichtet. So bemerkte er zum Beispiel kürzlich nach besagtem Treffen mit den Koalitionsspitzen, dass die stärkste Partei nicht immer in der Regierung vertreten sein müsste. Ein deutlicher Hinweis in Richtung der laut Umfragen in der Wählergunst favorisierten ODS. Auch ein Treffen mit Kommunistenchef Miroslav Grebenicek lehnt der Dichterpräsident nach wie vor strikt ab, die Kommunisten betrachtet er nicht als demokratische Partei. (...)

Abseits von all diesem Geplänkel hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes STEM ergeben, dass 40 Prozent der Tschechen die Verbesserung des hiesigen allgemeinen Lebensstandards als eines der beiden zentralen Wahlkampfthemen ansehen - und dies parteiübergreifend. Für 29 Prozent ist die Lösung des Arbeitslosenproblems das wichtigste bzw. zweitwichtigste Thema. 28 Prozent nennen eine bessere Umsetzung und Anwendung der Gesetze als Priorität. Nur 15 Prozent der Befragten halten es für wichtig, dass die Tschechische Republik als vollwertiges Mitglied in die EU aufgenommen wird.

Interessant auch: Das in den vergangenen Wochen und Monaten quasi von allen Parteien hoch gehaltene Thema der "Verteidigung der nationalen Interessen" tauchte in der Top-Ten der Wählerprioritäten überhaupt nicht auf. (ykk)

PRAGER ZEITUNG, deutsch, 7.5.2002, Uwe Müller

Verhindert der tschechische Präsident eine wiederholte Amtszeit des ODS-Vorsitzenden (Vaclav Klaus)? Der letzte Akt im Duell beider Männer hat begonnen. Nun verspricht der Wahlkampf doch noch spannend zu werden. (...)

Mauscheln die Politiker derweil unter der Prager Burg munter weiter, hat der dortige Hausherr für wenigstens etwas frischen Wind gesorgt. Nach einem Gespräch mit den Spitzen der Zweierkoalition verkündete das Staatsoberhaupt, nicht unbedingt auch den Wahlsieger mit der Regierungsbildung beauftragen zu wollen. Schenkt man den Umfragen Glauben, heißt dieser Vaclav Klaus. Sollte Havel tatsächlich seinem Widersacher den Spaß verderben und diesen nach dem 15. Juni nicht mit der Regierungsbildung betrauen, wäre das der letzte aufsehenerregende Akt des Anfang 2003 scheidenden Präsidenten. Vielleicht kann er so einen Ministerpräsidenten Klaus tatsächlich verhindern, den Einzug des Ungeliebten auf der Prager Burg (Sitz des tschechischen Staatspräsidenten – MD) aber nicht mehr. (ykk)