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Mammutkonferenz statt Bürgerdialog

Roman Goncharenko14. Juni 2013

Mit viel Pomp hat Russland im Rahmen seines G-20-Vorsitzes einen "Zivilen Gipfel" veranstaltet. Kritik am Umgang mit Nichtregierungsorganisationen im eigenen Land stand nicht im Mittelpunkt.

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Russland Zivil Gipfel G20 in Moskau (Foto: Sergei Fadeichev / ITAR-TASS)
Russland Zivil Gipfel G20 in MoskauBild: picture-alliance/dpa

Es klingt nach dem Witz über den Bock, der zum Gärtner gemacht wurde: Russland, das international wegen seines harten Umgangs mit der Zivilgesellschaft in der Kritik steht, organisiert in Moskau ein Forum über die Rolle der Zivilgesellschaft weltweit. Der zweitägige "Zivile Gipfel" im Rahmen des russischen Vorsitzes in der G-20-Staatengruppe ging am Freitag (14.06.2013) zu Ende.

Mehr als 350 Wissenschaftler, Ökonomen, Regierungsvertreter und einige Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) trafen sich im noblen Präsident-Hotel, um über Wirtschaftswachstum, Arbeitsmigration oder Umweltschutz zu sprechen. Ihre Empfehlungen sollen bei künftigen G-20-Gipfeln berücksichtigt werden.

Kritik am NGO-Gesetz in Russland

Es sei "erfreulich, dass der konstruktive Dialog der G-20-Gruppe mit der Zivilgesellschaft breiter werde", hieß es im schriftlichen Grußwort des Präsidenten Wladimir Putin. Das harte Vorgehen der Behörden gegen die Zivilgesellschaft in Russland stand nicht im Mittelpunkt des Forums. Das offizielle Programm sah es nicht vor. "Das liegt daran, dass die Tagesordnung von staatlichen Strukturen bestimmt wurde, die eine andere Sicht der Dinge haben", sagte der DW Ksenia Wachruschewa. Sie vertrat beim Gipfel die Umweltorganisation "Bellona" aus Sankt Petersburg.

Wie viele andere russische NGOs bekam auch diese Organisation vor einigen Monaten Besuch von der Staatsanwaltschaft. Hintergrund ist die neue NGO-Gesetzgebung. Vor rund einem Jahr hatte das Parlament in Moskau eine Reihe von Gesetzen verabschiedet, die die Zivilgesellschaft seitdem stark unter Druck setzen. So müssen NGOs, die Geld aus dem Ausland erhalten und sich politisch engagieren, sich als "ausländische Agenten" registrieren lassen. Nicht nur die meisten NGOs, sondern auch die Europäische Union sieht darin einen Diffamierungsversuch.

Podiumsdiskussion mit Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch (2.v.l.) und Ex-Finanzminister Alexej Kudrin (rechts im Bild) (Foto: Sergei Ilnitsky / EPA
Podiumsdiskussion mit Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch (2.v.l.) und Ex-Finanzminister Alexej Kudrin (rechts im Bild)Bild: picture-alliance/dpa

Bei dem Gipfel selbst war das brisante Thema nicht ganz ausgeklammert. Sowohl Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch als auch der Leiter des präsidialen Menschenrechtsrats, Michail Fedotow, sprachen sich für Änderungen des umstrittenen Gesetzes aus. "Die Entscheidung (das NGO-Gesetz – Red.) zu überdenken, wäre ein guter Abschluss des russischen Vorsitzes in der G-20", warb auch der frühere Finanzminister Alexej Kudrin.

Zweifel an Ergebnissen des Gipfels

Ob diese kritischen Stimmen gehört werden, ist allerdings fraglich. Empfehlungen des präsidialen Menschenrechtsrats werden seit dem Amtsantritt des Präsidenten Putin vor einem Jahr immer seltener berücksichtigt.

Bei dem Gipfel in Moskau beschwerten sich Teilnehmer wie Ksenia Wachruschewa überdies, dass es kaum Zeit für Diskussionen in Arbeitsgruppen und kritische Fragen gab. "Das wurde uns mit einem engen Zeitplan und der großen Rednerzahl erklärt", sagt Wachruschewa. Beim genauen Hinschauen werde klar, dass Diskussionen nur oberflächlich geführt werden konnten, so die Umweltaktivistin.

Auch generell hat sie Zweifel daran, dass die Empfehlungen des "Zivilen Gipfels" berücksichtigt werden: "Ehrlich gesagt, habe ich keine Erwartungen". Wachruschewa warb auf dem Forum für eine Wende in der Energieversorgung – weg von fossilen Rohstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Sie glaubt aber nicht daran, dass dieser Ansatz von der Politik umgesetzt werde. Trotzdem hält sie die Teilnahme am "Zivilen Gipfel" für sinnvoll. Es sei immerhin eine zusätzliche Plattform, seine Meinung zu verbreiten.