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Heimische Quellen gegen Rohstoffknappheit

Jan-Henrik Petermann, dpa1. Oktober 2012

Launische Weltmärkte und die Macht von Großexporteuren wie Russland und China setzen die Wirtschaft beim Rohstoffeinkauf unter Druck. Experten sagen: Deutschland muss mehr auf eigene Quellen setzen.

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Die Bohr- und Förderinsel "Mittelplate" vor Cuxhaven (Foto: dpa)
Bohr- und Förderinsel Mittelplate CuxhavenBild: picture-alliance/dpa

Im weltweiten Wettkampf um Ressourcen muss die deutsche Wirtschaft ihren Rohstoffhunger nach Einschätzung von Experten immer stärker aus eigenen Quellen speisen. Dabei dürfe etwa die umstrittene Erschließung heimischer Erdgas- und Erdölvorkommen nicht vorschnell aufgegeben werden, sagte der Chef der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hans-Joachim Kümpel, am Montag (01.10.2012) in Hannover. "Das Riesenthema Schiefergas und -öl ist neu zu bewerten", forderte er am Rande einer internationalen Fachtagung.

Befürworter von Fördermethoden, bei denen auch die oft kritisierte Fracking-Technik eingesetzt wird, sehen solche Bohrungen als Beitrag zu einer höheren Rohstoffsicherheit. Damit ließen sich zum Beispiel Engpässe in der Versorgung mit russischem Gas oder die Abhängigkeit von den schwankenden Weltmarktpreisen verringern. "In den USA ist der Gaspreis so um den Faktor 2 bis 3 gefallen", sagte Kümpel. "Wie sich die relativ hohen Gaspreise in Europa entwickeln, hängt unter anderem davon ab, ob wir das Potenzial, das es in Mitteleuropa gibt, heben."

Fracking in der Kritik

Vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden große Vorkommen an Erdgas vermutet, das im Gestein gebunden ist. Das nötige Fracking-Verfahren steht jedoch wegen giftiger Hilfsstoffe in der Kritik. Im Juli hatte der Gasproduzent Wintershall die Schiefergas- Förderung in Europa zumindest für die kommenden Jahre ausgeschlossen.

Auch bei anderen strategisch wichtigen Rohstoffen könne sich die deutsche Industrie stärker aus der heiklen Versorgungslage befreien, sagte der BGR-Abteilungschef für Energie- und mineralische Rohstoffe, Volker Steinbach: "Das Thema steht auf der Tagesordnung." Die Bundesrepublik nutzt nach seinen Angaben derzeit jährlich Rohstoffe im Wert von 140 Milliarden Euro - ein Anteil von 110 Milliarden wird importiert. Recycling-Verfahren zur Rückgewinnung von Kupfer, aber auch von Hightech-Metallen wie Indium, Gallium, Molybdän oder Neodym aus dem Haupterzeugerland China seien dabei ein zentraler Baustein.

Faire Handelsbedingungen

China hatte in der Vergangenheit mehrfach die Exportmenge der sogenannten Seltenen Erden künstlich heruntergefahren und sich vor der Welthandelsorganisation (WTO) dafür den Zorn der EU, Japans und der Vereinigten Staaten zugezogen. Zwar kündigte das Reich der Mitte Ende August eine Steigerung der Ausfuhr-Obergrenze um 2,7 Prozent auf rund 31.000 Tonnen an. "Aber Deutschland ist weiter von Importen abhängig. Wir brauchen faire Handelsbedingungen", sagte Steinbach.

Entspannung könnten daher Methoden zur Nutzung bereits gebrauchter Teile bringen. Bei herkömmlichen Industriemetallen liege die Wertschöpfung aus Recycling inzwischen bei rund zehn Milliarden Euro pro Jahr. Techniken für Seltene Erden, die auch Thema der Tagung in Hannover sind, steckten dagegen meist noch in den Kinderschuhen, berichtete Steinbach: "Wir haben hier einen hohen Forschungsbedarf."

Im Juli hatten die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der BGR und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein Abkommen zur Rohstoffsicherheit geschlossen. Auch die Förderung von Metallen aus Tiefsee-Lagerstätten am Meeresgrund soll die Knappheit lindern.