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Helden, Liebhaber und Narren

Bernd Gräßler2. Dezember 2005

Drei Tage lang stritten die 614 Abgeordneten des neuen Bundestag um die richtige Politik für die kommenden Jahre. Es war die erste Sitzung, aber einige Rollen im Hohen Haus sind schon verteilt.

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Angela Merkel - die vorwärtsdrängende Heldin, die Deutschland dienen will und das Land ermuntert, an sich selbst zu glauben. Guido Westerwelle, der verschmähte Liebhaber, dem es schwer fällt, Duz-Freundin Angela so richtig zu attackieren, obwohl sie mit den Sozis paktiert. Schließlich konnte sie nicht anders, wegen der Stimmen-Prozente. Und irgendjemand muss Deutschland schließlich regieren. Aber für einen Westerwelle gilt: Dienst ist Dienst, und so schimpft er ein klein bisschen auf die Trippelschritte der kleinen Angela, wo sie doch den ganz großen Sprung wagen müsste. So richtig böse klang das aber nicht.

Apropos böse: Auf die Rolle des Bösewichts hat man sich auch schon geeinigt: Oskar Lafontaine, der einstige SPD-Chef, der nun mit den Postkommunisten gemeinsame Sache macht. Kaum hatte der seine Philippika gegen die Regierung beendet, rechnete die nächste Rednerin scharf mit ihm ab: Er solle sich schämen. Es war die Grüne Thea Dückert, die einiges von ihrer knappen Redezeit als Oppositionsrednerin der Auseinandersetzung mit dem Frontmann der anderen Oppositionspartei widmete, statt der Regierung Bescheid zu tun.

Über einige Rollen herrscht noch Unklarheit: Wird Franz Müntefering, den treuen Hagen geben, der für Angela Merkel die Koalition zusammenhält? Ist Gregor Gysi wirklich der Hofnarr, zu dem ihn eine große Zeitung erklärte, und gilt in diesem Fall noch das Sprichwort, dass Narren und Kinder die Wahrheit sprechen? Wird Ludwig Stiegler zum Hofdichter ernannt?

Stieglers Sprüchebeutel scheint unerschöpflich. Kostprobe: "Das geht aber nicht, dass Sie hier erst mit den Jägern jagen und hinterher mit den Hasen flüchten!", rief der SPD-Mann in der Wirtschaftsdebatte dem FDP-Politiker Brüderle zu. Sehr zum Amüsement von Stieglers neuen Freunden in den Reihen der Union. Wird die Eintracht unter den neuen Freunde anhalten, wenn die nächsten Landtagswahlen näher rücken? Oder werden dann einige aus der Rolle fallen? Fragen über Fragen.