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Helfen und helfen lassen

Max Hofmann3. März 2003

Der Irak hat bislang verschollene chemische und biologische Kampfstoffe "entdeckt". Als Modell-Land zur Abrüstung gilt Südafrika: Das Land hat bereitwillig seine Massenvernichtungswaffen verschrottet.

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Biowaffe MilzbrandbazillusBild: AP

Der Abrüstungsberater von Machthaber Saddam Hussein, Amer el Saadi, hatte am Sonntag (2.3.2003) bekanntgegeben, dass der Verbleib bislang vermisster großer Mengen des Milzbranderregers sowie des Nervengases VX aufgeklärt worden sei. Auch das Schicksal hunderter Senfgasgranaten sei geklärt worden. Zudem will der Irak den UN-Inspektoren einen detaillierten Bericht über den Verbleib chemischer und biologischer Kampfstoffe vorlegen. UN-Sprecher Hiro Ueki sagte am Montag (3.3.2003) in Bagdad, der Bericht sei bis 10. März angekündigt worden.

Erfahrene Experten vor Ort

Südafrika bietet Hilfe bei der Vernichtung noch vorhandener biologischer und chemischer Kampfstoffe an. Ein siebenköpfiges Expertenteam ist auf dem Weg in den Irak. Sie haben im eigenen Land Erfahrungen sammeln können: Südafrika unterhielt bis Anfang der 1990er Jahre ein geheimes Atomwaffenprogramm. Sechs fertige Atombomben warteten auf ihren Einsatz. Gleichzeitig erprobte in einem ebenfalls geheimen Labor der gefürchtete Wissenschaftler Wouter Basson, alias "Dr. Death", tödliche biologische und chemische Substanzen.

UN Waffeninspekteure im Irak passieren Zugang zur Atombehörde in Tuwaitha
Passt ins Bild: UN Waffeninspekteure im IrakBild: AP

Viele ziehen jetzt Vergleiche zwischen dem damaligen Apartheid-Regime und Saddam Husseins Diktatur im Irak. Richard Hooper, der 1992 selbst als Chefinspektor in Sachen Atomwaffen im Irak unterwegs war, sieht einige wenige Parallelen bei der nötigen Vorgehensweise. "Um die Lage zu verstehen, braucht man physischen Zugang zu Dokumenten und zu den verantwortlichen Wissenschaftlern", meint er. Nur so könne man den Rüstungsprozess nachvollziehen.

Bei den vorhandenen Waffen im Irak erinnert den Experten allerdings nicht viel an die Situation in Südafrika. Während das Apartheid-Regime große Waffenmengen produzierte, kommt der Irak vergleichbaren Mengen "nicht einmal nahe". Was also können die Südafrikaner überhaupt im Irak bewirken? Nach eigenem Verständnis wollen sie Saddam Hussein zumindest dabei helfen, den glaubwürdigen Nachweis für die Zerstörung von Waffen zu erbringen.

Abrüstungs-Musterschüler

Bis zur Wende Anfang der 1990er Jahre war Südafrika international vollkommen isoliert. Panisch versuchte sich das Apartheid-Regime, gegen alle vermeintlichen Feinde, von den Schwarzen bis zu den Kommunisten, zu wappnen. Zum Arsenal gehörten Keime, die schwarze Frauen sterilisieren sollten, Hautgifte und Atombomben. 1993 war das Regime in seinen letzten Zügen und der damalige Präsident De Klerk gab den Besitz der nuklearen Sprengkörper zu.

Mandela (li) und de Klerk
Nelson Mandela und Frederic de Klerk - beide stehen für ein "neues Südafrika"Bild: AP

Was folgte, war die heute hochgelobte Abrüstung – allerdings nur der Atomwaffen - gemeinsam mit Hilfe der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Ihr damaliger Leiter hieß Hans Blix, heute Chefinspektor im Irak. Ihm direkt unterstellt war Richard Hooper, der die südafrikanischen Waffen-Angaben überprüfen sollte. "Die Südafrikaner waren wirklich motiviert, zu zeigen, dass sie tatsächlich abgerüstet hatten", meint Hooper heute.

Das Land trat dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) bei, legte bereitwillig alle relevanten Dokumente offen und gab den Inspekteuren freien Zugang zu allen Orten und Personen. "Manchmal schmunzelten sie, wenn wir einen bestimmten Ort inspizieren wollten", erinnert sich Hooper, "aber es stand nie in Frage, dass wir Zugang zu diesem Ort erhalten würden." Deshalb nennt sein ehemaliger Chef Blix das südafrikanische Modell der Zusammenarbeit heute ein "gutes Beispiel für den Irak".

Aufgezwungene Hilfe

Die Abrüstungs-Programme von Südafrika und vom Irak - das eine gilt als höchst erfolgreich, das andere schleppt sich eher zäh dahin. Was den Unterschied macht ist der gute Wille. Die südafrikanische Regierung hatte Anfang der 1990er Jahre gute Gründe, ihre Atomwaffen zu zerstören. Das Land wollte sich aus der internationalen Isolation befreien und die Apartheid-Anhänger fürchteten, die gefährlichen Waffen könnten bei einem Umsturz den Schwarzen in die Hände fallen.

Der Irak zeigt sich derzeit zwar hilfsbereit und einsichtig, wird allerdings nur mit massivem Druck aktiv. Hooper erinnert sich, dass die Irakis nur dann etwas - und dann auch nur widerwillig - zugegeben hätten, "wenn man ihnen harte Beweise vor die Nase hielt". Deshalb ist auch mehr als fraglich, ob das südafrikanische Expertenteam dem Irak bei der Abrüstung helfen kann. Nur wer sich helfen lässt, dem kann auch geholfen werden.